D/Brasilien 2018, 88 min
FSK 16
Verleih: Farbfilm
Genre: Dokumentation
Regie: Hans Block, Moritz Riesewieck
Kinostart: 17.05.18
Facebook, Google und YouTube stehen in der Kritik. Nicht nur wegen der planvollen Ausbeutung der User-Daten, sondern auch, weil es ihnen nicht gelingt, sexistische, gewaltverherrlichende oder rassistische Posts und Videos von ihren Plattformen zu entfernen. Das liegt unter anderem daran, daß bei komplexen Bildern eben auch ausgeklügelte Algorithmen passen und ein Mensch die Entscheidungen treffen muß. Also löschen hunderttausende „digitale Aasfresser“ die als „unangemessen“ geltenden Inhalte. Die sogenannten Content Manager arbeiten nicht im Silicon Valley, sondern in Manila, wo sie als billige Angestellte von Sub-Unternehmen Teil einer gigantischen versteckten Schattenwelt sind, die versucht, das Internet „sauber“ zu halten.
Sie stehen vor einer Sisyphus-Aufgabe. Pro Minute werden weltweit 500 Stunden Videomaterial hochgeladen, 450.000 Tweets gesendet und 2,5 Millionen Nachrichten auf Facebook gepostet. Jeder Cleaner muß pro Tag 25.000 Bilder kontrollieren und im Sekundentakt entscheiden, was gelöscht wird. Oppositionelle Meinungen, Satire oder Verletzung von Persönlichkeitsrechten?! Schwer zu sagen. Wer Fehler macht, riskiert seinen Job. Löschen ist sicherer als ignorieren. Das Ergebnis: Social-Media-Plattformen zensieren in großem Stil und ohne jede redaktionelle Kontrolle die Inhalte ihrer Nutzer. Widerspruch dagegen regt sich nur spärlich, viel zu bequem ist es für uns Nutzer geworden, uns für Kommunikation und Meinungsbildung auf die vertrauten Kanäle zu verlassen.
Die Regisseure Hans Block und Moritz Riesewieck entfalten in ihrem düsteren und zutiefst beunruhigenden Dokumentarfilm ein Panoptikum, dessen direkte Hüter auch seine ersten Opfer sind. Fünf ehemalige Beschäftigte packen in diesem Film (teils anonymisiert) darüber aus, was es für sie persönlich heißt, das Internet sauber zu halten. Nicht wenige bezahlen ihren Job mit Alpträumen und Psychosen, alle leiden unter dem enormen psychologischen Druck. Die professionell lächelnden PR-Manager von Facebook, YouTube und Co. finden derweil beschönigende Worte dafür, daß die Zensur durch ihre Firmen längst wirkungsvoller ist als die totalitärer Regime. Gar nicht so selten, so gibt Nicole Wong, die sowohl für YouTube als auch für Twitter in leitender Position tätig war, zu, unterstützen die Konzerne die Regime sogar bei der Ausübung der Zensur, um einer kompletten Sperrung ihrer Plattform vorzubeugen.
[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.