Originaltitel: THE DROP
USA 2014, 107 min
FSK 12
Verleih: Fox
Genre: Drama
Darsteller: Tom Hardy, James Gandolfini, Noomi Rapace, Matthias Schoenaerts
Regie: Michael R. Roskam
Kinostart: 04.12.14
„In liebender Erinnerung“, so steht es im Abspann geschrieben, ist dieser Film einem seiner Hauptdarsteller zugeeignet. Gemeint ist James Gandolfini. Und wer noch einmal begreifen will, was für ein Verlust dessen viel zu früher Tod im Sommer letzten Jahres darstellt, auch der kann und sollte sich jetzt THE DROP anschauen.
Es ist der letzte Film Gandolfinis, und man sieht ihn darin so, wie man ihn liebt, und wie er unvergeßlich bleiben wird. Cousin Marv – so nennt sich die Figur, der er in THE DROP wie gehabt in mehrfacher Hinsicht Format und Gewicht verleiht. In Brooklyn betreibt das Rauhbein zusammen mit dem schweigsamen, gutmütigen und etwas einfältig wirkenden Bob (wunderbar: Tom Hardy) eine Bar. Zwei Männer, die wissen, wie es zugeht in dieser harschen Welt, in der sie leben. Weshalb sie es auch mit Fatalismus hinnehmen, daß ihre Bar von den Gangstern des Viertels zur Geldwäsche benutzt wird. Doch dann findet Bob eines Nachts auf dem Nachhauseweg einen verwundeten Pitbull-Welpen in einer Mülltonne, die wiederum auf dem Grundstück der geheimnisvollen Nadia steht. Der ihrerseits der aggressiv-psychotische Kriminelle Eric nachstellt. Und ehe Bob sichs versieht, hat er mehr Ärger am Hals, als ihm lieb sein kann. Und als dann auch noch die Bar von zwei Bewaffneten ausgeraubt wird, setzt das jenen unheilvollen, gewalttätigen Mechanismus in Gang, der diese Brooklyn-Welt seit eh und je am Laufen hält.
Ein urbaner, genau geschilderter Mikrokosmos, ein Panoptikum an Charakteren innerer Widersprüche und ein Geheimnis, das jeder dieser Charaktere mit oft fatalen Folgen in sich birgt. Verkürzt gesagt, ist das das Grundschema einer jeden Geschichte des Autors Dennis Lehane (Vorlagen zu MYSTIC RIVER oder GONE BABY GONE). Ein Grundschema, das auch in THE DROP wirkt. Und zwar fabelhaft.
Der belgische Regisseur Michael R. Roskam hat aus dem Drehbuch Lehanes ein Thriller-Drama im von Atmosphäre gesättigten Independent-Habitus gedreht. Ruhig sind die Einstellungen, sorgfältig die Dialoge, authentisch die Settings – und eben auch diese Typen. Keiner, der hier bloßer Stichwortgeber wäre. Jede Figur bekommt ihre Substanz, ihre Geschichte und ihre innere Tragik. Bis zum Finale, in dem sich dank einer durchaus überraschenden Wendung THE DROP auch als ironische Charakter-Maskerade entpuppt. Ein faszinierender, kleiner großer Film mit faszinierenden Schauspielern. Und ein traurig-schöner Abschiedsgruß.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.