Eigentlich sollte ja Darren Aronofsky die Regie übernehmen. Wohl, weil sich die Produzenten dachten, daß der nach seinem Erfolg mit THE WRESTLER hinfort – eben im Namen des Erfolges – nichts anderes mehr drehen wolle, als Filme über abgehalfterte Kampfsportler. Ein wenig möchte man den schlichten Kalkulatoren da schon den Finger zeigen. So wie es vielleicht auch Aronofsky tat, der sich ja bekanntlich und zum Glück statt Boxern dann einer Ballerina widmete. Ätsch! Nicht, daß BLACK SWAN dann nicht auch irgendwie ein Kampfsport-Film geworden wäre. Aber das ist ein anderes Thema.
Aronofsky fiel also aus. Und ins Spiel kam David O. Russell. Der drehte 2004 den herrlich schrägen I HEART HUCKABEES. Der Film wurde ein furchtbarer Flop, Russell arbeitslos. Sein recht cholerisches Wesen half im Konformisten-Club Hollywood zudem nicht wirklich, dort wieder Fuß zu fassen. Aber wie das Leben so spielt, von wegen zweite Chance und so: Mit THE FIGHTER bekam Russell einen Stoff geboten, der für ihn durchaus maßgeschneidert ist. Und die ganze hier aufgeführte Vorgeschichte ist insofern erhellend, weil sie wohl zeigt, warum Russell einen guten, wenn auch keinen außergewöhnlichen Film drehte.
THE FIGHTER erzählt die wahre Geschichte von „Irish“ Mickey Ward, dem Boxer, der im Jahr 2000 den Weltmeistertitel im Halbweltergewicht gewann. Und zwar als ein Phönix aus der Asche. Oder besser gesagt, als Verlierer aus dem heruntergekommenen Lowell/Massachusetts. Dort teert Mickey eher die Straßen, als im Ring sein Können zu zeigen. Was auch damit zusammenhängt, daß seine Mutter gleichzeitig seine kaum fähige Box-Managerin ist und sein Halbbruder und Trainer Dickey, einstmals selbst eine Box-Hoffnung, inzwischen ein Crack-Wrack.
Dieses Sozial- und Familiengefüge breitet THE FIGHTER mit Sorgfalt und Sympathie, aber ohne Blauäugigkeit aus. Das ist gelungen, wie auch der Konflikt zwischen Dickey und Mickey und das damit einhergehende Heraushäuten Mickeys aus einem Familiengefüge, das gleichzeitig hemmt und Geborgenheit gibt. Ja, Russell kann es, traut dem aber nicht. Denn zu oft erläutern Plapper-Dialoge, was man schon sieht. Zu oft wird erklärt, was nicht erklärt werden muß.
Er inszeniert wasserdicht, auf Nummer sicher, hat vielleicht Angst vorm neuen Knockout. Und dimmt daher diese Geschichte auf ein Level herab, das zwar Hollywood sieben OSCAR-Nominierungen wert war und auch die US-Kinokassen klingeln ließ, aber eben nicht ganz Russells Fähigkeiten genügt.
Originaltitel: THE FIGHTER
USA 2010, 115 min
FSK 12
Verleih: Senator
Genre: Drama, Biographie, Sport
Darsteller: Christian Bale, Mark Wahlberg, Amy Adams, Melissa Leo
Regie: David O. Russell
Kinostart: 07.04.11
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.