D 2014, 92 min
FSK 0
Verleih: Farbfilm
Genre: Dokumentation
Regie: Marcus Vetter, Karin Steinberger
Kinostart: 07.05.15
Das dokumentarische Porträt des Finanzberaters Martin Armstrong, der mit seinen präzisen Vorhersagen von Wirtschaftskrisen und globalen Entwicklungen zum Anlagen-Guru aufstieg, später unter dubiosen Umständen verhaftet wurde und lange im Gefängnis saß, guckt sich wie eine Mischung aus Thriller und Michael-Moore-Doku.
Der Dokumentarfilmer Marcus Vetter und die Journalistin Karin Steinberger zeichnen Armstrong als Sonderling, dessen Computermodell angeblich Wendepunkte von Weltpolitik und Wirtschaftszyklen auf den Tag genau vorhersagen kann. Basierend auf der magischen Zahl Pi und gefüttert mit unzähligen historischen Daten, sagte es die Rußlandkrise, das Platzen der Dot-Com-Blase und auch die momentan anhaltende Wirtschaftskrise voraus. In den 80er Jahren zahlten Kunden aus aller Welt viel Geld dafür, solche Prophezeiungen als Erste zu erfahren. 1999 war der Höhenflug vorbei. Armstrong wurde vom FBI festgenommen, man warf ihm vor, ein gigantisches Schneeballsystem aufgebaut und Kunden betrogen zu haben. Die nächsten zwölf Jahre verbrachte er im Gefängnis, er wurde allerdings nie für das ihm zur Last gelegte Verbrechen verurteilt. 2012 kam er frei und nahm seine Arbeit als Berater umgehend wieder auf.
Ist Armstrong nun ein Genie oder ein Betrüger? Zwar gibt der Film vor, diese Frage klären zu wollen, doch leider bekommen die Zuschauenden nie genug Material in die Hand, um sich selbst ein Bild zu machen. Das ist besonders deshalb ausgesprochen schade, weil die Behauptung, das FBI habe Armstrong „kaltgestellt“, weil er Komplotten zwischen Politik und Wirtschaft auf die Spur gekommen ist, gar nicht so abwegig ist. Dennoch: Für einen kritischen Dokumentarfilm, der sich noch dazu ein ziemlich komplexes Thema ausgesucht hat, reicht es nicht, eine Handvoll ehemalige Mitarbeiter und Bewunderer zu versammeln, die Armstrongs prophetische Fähigkeiten preisen. Dieses einseitige Vorgehen, das stark an Michael Moores Überwältigungs-Strategien erinnert, unterminiert letztlich die Glaubwürdigkeit des Films.
Trotzdem wird THE FORECASTER den zahlreichen Liebhabern konspirativer Theorien gut gefallen. Alle anderen bleiben mit ihren Zweifeln allein. Problematisch daran ist vor allem, daß die einseitige Machart denjenigen, die kritische Stimmen gern als verwirrte Verschwörungstheoretiker abtun, in die Hände spielen könnte.
[ Luc-Carolin Ziemann ] Carolin hat ein großes Faible für Dokumentarfilme, liebt aber auch gut gespielte, untergründige Independents und ins Surreale tendierende Geschichten, Kurzfilme und intensive Kammerspiele. Schwer haben es historische Kostümschinken, Actionfilme, Thriller und Liebeskomödien ... aber einen Versuch ist ihr (fast) jeder Film wert.