Frau July versendet auf Anfrage die Zukunft per Mail. Heute stand geschrieben: „You Are Insulting Yourself In Ways I Find Insulting. Insult A Hat Like That And I Promise The Hat Will Cry. Today You Stop!“ Im Kinosessel erfüllte sich die Prophezeiung, ich beginne, mich ein wenig zu schämen. Für Sophie und Jason, wie sie da so mit ihren Macs auf ihrer Vintagecouch sitzen und sich nach dem Glücksradprinzip um sich selbst drehen. Are You Lucky Today? Happy? Something Else? Was wird aus ihnen/uns werden, die auf die 40 zugehen und immer noch Kinder sind? Die plötzlich aufwachen und feststellen: Oops, mein halbes Leben ist rum, und es ist nichts Großes passiert. Dann stellt Psycho-Cat Paw Paw – so habe ich sie sofort getauft – das Ultimatum: Holt mich in 30 Tagen aus meinem Tierasyl und übernehmt Verantwortung!
Bis dahin soll Unabhängigkeit gefeiert werden. Miranda Julys Party beginnt gefangenzunehmen, wird zum Akt einer doppelten Performance. Sophie und Miranda tanzen für You-Tube, zelebrieren ihre Outfits, eine Mischung aus züchtig, Trash und Marc Jacobs, so wie man sie heute tragen muß: die Selbstdarstellung als einzig wahre Kunst. Das erfordert Kraft. Bäume retten ist gar nichts dagegen. July setzt sich und uns der Peinlichkeit aus. Wir sind Voyeure und erkennen die Möglichkeiten, die darin liegen würden, es ganz bewußt auszureizen. July ist Meisterin darin, mit spielerisch kalkulierter Naivität Banalitäten zu inszenieren, den knapp daneben liegenden Ton zu treffen. Zum Glück ist sie groß und sehnig und nicht rehäugig und niedlich, sonst könnte man sie dafür leichtfertig in die Mädchenkunstecke stecken.
Frau July beim Sex mit einem alternden Goldkettchenträger zu beobachten, ist auf gute Weise bizarr, in einem Interieur, das anmachend unpassender als erträglich ist. Ein ganzer Katalog der Möglichkeiten, sein Leben zu verbringen, blättert einem durch den Kopf. Es ist auch ehrlich schön zu sehen, wie großzügig July aus schon Vorhandenem schöpft – Pulloverskulpturen, eingebuddelte Köpfe, sprechende Tiere. Wir kopieren und setzen keine neuen Maßstäbe und Psychocat ist tot.
Das ist Schicksal und Chance der Miranda-July-Generation, die für sich schon selbst erkannt hat: „You Keep Waiting For Them To Cross The Line, So You Can Finally Make Your Speech. But They Never Will. Stop Rehearsing!“ Good Luck, Miranda.
Originaltitel: THE FUTURE
USA 2011, 91 min
FSK 12
Verleih: Alamode
Genre: Tragikomödie, Schräg
Darsteller: Miranda July, Hamish Linklater, David Warshofsky
Regie: Miranda July
Kinostart: 27.10.11
[ Susanne Schulz ]