Originaltitel: THE GENTLEMEN
GB/USA 2019, 114 min
FSK 16
Verleih: Leonine
Genre: Gangster, Thriller, Komödie
Darsteller: Matthew McConaughey, Hugh Grant, Charlie Hunnam, Michelle Dockery, Colin Farrell, Eddie Marsan
Regie: Guy Ritchie
Kinostart: 27.02.20
Es ist eine Art Heimkehr, ein Zurück-zu-den-Wurzeln. Denn Guy Ritchie, der lange ans Blockbuster-Universum verlorene Sohn des britischen Gangsterfilms auch ganz eigenen humoristischen Zuschnitts, er ist mit seinem neuen Werk THE GENTLEMEN jetzt endlich wieder dort, wo er hingehört. Also herkommt. Also am besten ist. Beim britischen Gangsterfilm ganz eigenen humoristischen Zuschnitts eben.
Zeit für ein Leben in der Legalität! Das denkt sich Mickey Pearson, der unumstrittene Marihuana-König der britischen Insel. Ein Groß-plantagen-Dandy amerikanischer Herkunft mit internationalen Vertriebswegen und einem glücklichen Händchen für Menschen und gute Geschäftsbeziehungen. Etwa zum finanziell mehr oder weniger ruinierten Hochadel, dem Mickey gern mal unter die Arme greift. Der Landsitz braucht ein neues Dach? Kein Problem, wenn man auf besagtem Landsitz großzügig weitflächig und gut versteckt auch das ganz spezielle Gras anbauen darf.
Eine Hand wäscht die andere in diesen Allianzen echter Win-Win-Situationen. Doch in dem Moment, als Mickey verlauten läßt, sein Imperium zu verkaufen, um fortan mit seiner so attraktiven wie cleveren Gattin Rosalind ein Leben als ehrliche Haut zu führen, beginnt eben dieses Imperium gehörig zu wanken. Denn was da bei Mickeys rechter Hand Ray so an potentiellen Käufern auftaucht, reicht von durchtrieben bis durchgeknallt und sowieso skrupellos. Ein Panoptikum, das bald für einiges Chaos sorgt. Eins, aus dem dann auch noch Revolverblatt-Schnüffler Fletcher mit wenig journalistischem Ethos, aber einiger krimineller Energie für sich das Beste rausholen will.
Was für ein Kuddelmuddel! Ein zunehmend blutiger zudem. Wer spielt hier was für ein Spiel und mit welchen Allianzen? Das zu durchschauen, ist bald weder für Mickey und Ray noch für den Zuschauer ganz einfach. Aber keine Sorge: Ritchie legt einen schönen Ariadnefaden durchs Labyrinth dieses Films, der es schafft, eine Gangstergeschichte als (na ja, beinahe) klassische Konversationskomödie zu erzählen, ohne die Gangstergeschichte auch nur eine Sekunde aus den Augen zu verlieren.
Das Personal in THE GENTLEMEN wirkt dabei wie Wiedergänger jener Typen aus Ritchies hinreißend jungenhaften Frühwerken BUBE, DAME, KÖNIG, ASS oder SNATCH – SCHWEINE UND DIAMANTEN. Nur, daß diese Typen halt inzwischen erstens im Erscheinungsbild etwas reifer geworden sind und zweitens in einer größeren Ganovenliga spielen. Also schnieke Designeranzüge tragen, gern Havannas paffen, ausschließlich das teuerste Entrecote auf dem im Eichenholztisch integrierten Grill zubereiten und sich irgendwie auch mit Kraftausdrücken ziemlich gut im Griff haben. Meistens jedenfalls.
Es ist ein ausgesprochen smartes Tableau an Kerlen (plus einer ausgesprochen smarten Frau), das Ritchie hier auffährt. Und in dem selbst ein Schmierbatzen wie Fletcher (von Smartie Hugh Grant hervorragend und mit sichtlichem Genuß an der Rolle gegeben) irgendwie noch so einen ganz bestimmten prollig-pseudokultivierten Charme verbreitet, dem man sich schlicht gern mal hingibt.
Jedenfalls im Kino. Für das Ritchie wiederum jetzt diesen sehr smarten Film gedreht hat – und somit eben nicht, wie ursprünglich geplant, als Mini-Serie für einen Streaming-Dienst. Was ja dann irgendwie auch wieder ziemlich smart ist.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.