Mußte man sich nach Altherren-Kino wie AUS LIEBE ZUM SPIEL kopfschüttelnd um das einstige Wunderkind Sam Raimi (TANZ DER TEUFEL, ARMEE DER FINSTERNIS) Sorgen machen, kehrt er nun endlich wieder auf sicheres Terrain zurück, in das Reich des Unfaßbaren, des Randexistenziellen, der Mythik.
Annie Wilson bringt ihre drei Kinder alleine durch, nachdem der Mann vor einiger Zeit bei einem tragischen Unfall ums Leben kam. Wie sie ihr Geld verdient, stößt in der kleinstädtischen Gemeinde auf Mißtrauen: Annie besitzt die Gabe, aus den Karten die Zukunft und die Vergangenheit zu lesen. Und die sieht selten rosig aus. Als das hübsche Dorf-Flittchen Jessica spurlos verschwindet, wendet sich der argwöhnische Cop Johnson an die junge Frau. Was Annie in den Karten sieht, bringt sie selbst in große Gefahr. Es folgen drohende Anrufe, das Haus und ihre kleinen Kinder sind nicht mehr sicher. Annie hat Angst und beginnt zu kämpfen...
Bedächtig und in ruhigen Kreisen erzählt Raimi von einer besonderen Fähigkeit im Speziellen und vom Horror eines Kaffs im Allgemeinen. Ein hohes Maß an Subtilität und Glaubwürdigkeit erreicht er auch dadurch, daß er - ein Zeichen für gut gemachten Grusel - Figuren stimmig einführt, Räumlichkeiten in ihrer vorerst vertrauten Normalität und später dann in horresker Verzerrung einbezieht und den Plot - ähnlich dem genialen aber leider an der Kinokasse gescheiterten ECHOS - einer kriminalistischen Auflösung zuführt. Cate Blanchett erweist sich in ihrer Stärke und Zerbrechlichkeit als Idealbesetzung in einem Thriller, der Gänsehaut erzeugt und nur dann etwas fahrig wirkt, wenn er sich in juristischen Prozeßszenen verliert. Aber immerhin ist es beruhigend, Sam Raimi nicht verloren zu wissen.
Originaltitel: THE GIFT
USA 2001, 111 min
Verleih: Helkon
Genre: Drama, Mystery
Darsteller: Cate Blanchett, Keanu Reeves, Hilary Swank, Greg Kinnear, Katie Holmes, Giovanni Ribisi
Stab:
Regie: Sam Raimi
Drehbuch: Billy Bob Thornton
Kinostart: 04.10.01
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.