Originaltitel: THE GREEN PRINCE
D/Israel/GB 2013, 95 min
FSK 12
Verleih: REM
Genre: Dokumentation, Polit
Stab:
Regie: Nadav Schirman
Drehbuch: Nadav Schirman
Kinostart: 27.11.14
Mosab Hassan Yousef spricht nüchtern, selbst dann, wenn er berichtet, daß eine Kollaboration mit Israel schlimmer sei, als die eigene Mutter zu vergewaltigen. Er, der Palästinenser, hat diese Schande über das Land gebracht. Dazu über seinen Vater, den Scheich Hassan Yousef, Gründungsmitglied der Hamas. Denn Mosab arbeitete jahrelang für den Geheimdienst Schin Bet, welcher ihn als Jugendlichen anwarb. Codename: „The Green Prince.“
Interviews, weit seltener Archivmaterial und nachgestellte Szenen illustrieren, wie es dazu kam, ständige Bedrohung liegt in der Luft, selbst die Musik trägt – ungewöhnlich für eine Dokumentation – dazu bei. Klar ist vorerst: Gonen Ben Itzhak, praktisch „zuständiger“ Agent des Schin Bet, hat so manchen Psychotrick parat, um Mosab zum Werkzeug zu formen. Doch was quasi als in Erinnerungen wiederholt ausgefochtenes Duell beginnt, erhält sukzessive eine neue Ausrichtung. Beide Männer riskieren viel, eigentlich alles, und bald verläßt diese Beziehung das Politische. Eine Vertrauensbasis entsteht. Irgendwann wird das Ganze zur Freundschaft.
Regisseur Nadav Schirman hält sich dabei wenig mit Formalitäten auf, kein erkennbarer Gestaltungswille negiert wirklich deutlich das klassische „Talking Heads“-Prinzip, trotz einiger dahingehender Ansätze, ihm geht es hauptsächlich um das Innenleben zweier Männer, die auf dünnstem Eis schlittern. Mosab wird den Vater verhaften lassen – um ihn zu schützen. Gonen wiederum ignoriert ständig Regeln und steht gegen die Organisation – für den Freund. Umgeben von Lügen und Betrug, scheint eine solche Kooperation zum Scheitern verurteilt, aber sie funktioniert, auf gefährliche Weise.
Schirman vermeidet es auch konsequent, über „richtig“ oder „falsch“ zu urteilen, der Nahostkonflikt dient ihm nicht dazu, eine Seite zu unterstützen, eine andere zu verteufeln. Das humane Drama liefert genug psychologischen Zündstoff, jenes aus filmischer Sicht recht karge Werk stellt letztlich viele Hochglanzthriller spannungsmäßig in den Schatten. Weil diese beidseitige Zerrissenheit stets nachvollziehbar bleibt, manchmal erschüttert, und nicht zuletzt oben erwähnte Nüchternheit frontal in die geistige Magengrube fährt.
Erst am Ende wird sie kurz wanken, von aufgestauten Emotionen weggerissen. Der Gesamtwirkung tut ein solcher Akt massiven Gefühls indes keinen Abbruch. Eher im Gegenteil.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...