Originaltitel: THE HATEFUL 8
USA 2015, 168 min
FSK 16
Verleih: Universum
Genre: Western, Drama, Thriller
Darsteller: Samuel L. Jackson, Kurt Russell, Tim Roth, Jennifer Jason Leigh, Walton Goggins, Michael Madson, Bruce Dern
Regie: Quentin Tarantino
Kinostart: 28.01.16
Nach diesem, seinem achten, wolle er, so Quentin Tarantino in einem Interview, noch zwei weitere Filme drehen. Um es dann, quasi auf der Höhe seines Könnens, sein zu lassen mit der Kinoregiearbeit. Vielleicht würde er, wenn es so weit ist, hin und wieder eine Serie machen, sogar Theater wäre vorstellbar. Und schließlich ist da ja auch noch der Plan für ein Buch über Don Siegel (das man freilich nur allzu gern lesen würde).
Wie auch immer – all das kann Tarantino sich ausmalen für seine Zukunft nach dem Kino, nur eins aber wolle er auf keinen Fall: Einer sein, der kreativ leerläuft, nur noch abspult, was er kann und was man erwartet. Was natürlich gut klingt, so idealistisch und sympathisch, und einen doch etwas erschreckt, auch wenn man natürlich solche Statements erst einmal nicht allzu ernst nehmen sollte.
Aber eine Kinozukunft ohne diesen Meisterdieb unter den Regisseuren? Tarantino ist der Versierteste aller Epigonen, dem das paradoxe Kunststück gelang, ein Werk ganz eigener Art geschaffen zu haben aus den zahllosen Beutestücken seiner kenntnisreichen Plünderungszüge durch die Filmgeschichte. Und auch, was er aus dieser jetzt in THE HATEFUL 8 wieder darbietet, ist schlicht ein Kino-Fest vom Feinsten. Und zwar eins im ja wahrlich grandiosen Ultra-Panavision-70-Millimeter-Breitbild.
Was umso frappierender ist, weil ja Tarantinos Film im Kern ein Kammerspiel ist: In einer Postkutschenstation trifft, vor einem Blizzard Schutz suchend, eine Zufallsgemeinschaft aufeinander, deren Mittelpunkt Kopfgeldjäger John „The Hangman“ Ruth mit seiner Gefangenen Daisy Domergue ist. Freilich: Schon bald zeigt sich, daß die Anwesenden nicht unbedingt sind, was sie vorgeben zu sein. Und während draußen der Sturm zunimmt, steigert sich auch im Innern der weitläufigen Hütte ruhig, aber unaufhaltsam die Spannung aus Mißtrauen und Maskerade. Bis sie sich entlädt, in einem Gewalttornado grotesk-exzessiven Ausmaßes.
Allerdings dauert es bis dahin fast die Länge eines eigenständigen Films. Tarantino läßt sich wahrlich nicht treiben. Warum auch? Fast meditativ ist, wie er die Figuren (gerade auch im Raum) inszeniert und ihre nicht selten absurden Dialoge sprechen läßt. Und wie dabei die Kamera das Interieur durchmißt! Und wie von der Tonspur bis zur Maske die Details stimmen! Und wie eigentümlich sich der krude Nihilismus dieser Geschichte mit der ja fast zärtlich anmutenden, kinoverliebten Aufmerksamkeit ihrer Inszenierung vermengt!
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.