Originaltitel: THE IMITATION GAME

GB 2014, 114 min
FSK 12
Verleih: Square One/Universum

Genre: Drama, Historie, Schwul-Lesbisch

Darsteller: Benedict Cumberbatch, Keira Knightley, Mathew Goode

Regie: Morten Tyldum

Kinostart: 22.01.15

18 Bewertungen

The Imitation Game

Auf Turing! oder Der doppelte Geheimnisträger

Was für ein kluger Film! Welch ein perfektes Skript! Wie genau seine Adresse! Morten Tyldum, norwegischer Regisseur im Dienste des britischen Kinos, und Drehbuchautor Graham Moore haben mit THE IMITATION GAME einen historischen Thriller erschaffen, der sich partout nicht vor dem großen Publikum abducken mag, sondern sich ihm mit breiter Brust hingibt. Ein Drama mit Wahrheit und Wahrhaftigkeit, das sich frei in einem biographisch und zeitgeschichtlich klar abgesteckten Gehege bewegt. Ein Kapitel, von dem man immer wieder glaubt, es sei langsam mal gut damit, erfährt noch einmal eine verblüffende Komponente.

Wieder geht es um „Enigma“, jene legendäre Verschlüsselungsmaschine des deutschen Militärs im Zweiten Weltkrieg, und darum, wie sie von den Briten in Bletchley Park geknackt wurde. Doch anders als Michael Apteds ENIGMA von 2001 findet der Film seine tragende Säule im persönlichen Schicksal von Alan Turing, desjenigen Mathematikers und begnadeten Schraubers, der nicht nur im Team der Codeknacker federführend war, sondern heute als Pionier der Computertechnik gilt. Es ist am überragenden Anti-Schönling Benedikt Cumberbatch, diesem Alan Turing die Konturen einer vielschichtig gespaltenen, umgetriebenen und im Kern einsamen Persönlichkeit zu geben. Eines Mannes, der viele Jahre lang ein zweites großes Geheimnis mit sich herumschleppen mußte, das ihn letztlich mit der britischen Justiz kollidieren und an ihr zerschellen ließ: seine Homosexualität.

Die Sicherheit, mit der THE IMITATION GAME durch die Stile schifft, ist beeindruckend. Ist es ein Biopic? Das griffe zu kurz wie die Schublade mit Geschichtsfilmen. All die eingewebten originalen Archivaufnahmen und (in der Optik eher minderwertigen) Computeranimationen vom Kriegsgeschehen sind verzichtbare wie erträgliche Zugeständnisse, weil sich auf Tatsachen gründende Spannung, britisch-trockener Witz sowie das Spiel mit kleinsten Gesten dominieren und letztlich obsiegen. Turings heldische Züge sind im Vergleich zu seinen wahren Errungenschaften eher defensiv gezeichnet, der weite Bogen seines Wesens, der mühelos von Arroganz und Egozentrik bis Demut und Fragilität reicht, wird auch durch Rück- und Vorblenden stimmig untersetzt. Ist THE IMITATION GAME also ein Denkmal? Auch das greift zu kurz, wenngleich die nüchternen Textfelder am Schluß eine selten eindrucksvolle Wirkung hinterlassen.

[ Andreas Körner ]