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The Lesson

Meine Stunden mit Daryl

Dieser Film ist in seiner minimalistischen Eleganz als strenger, dunkler Thriller fast schon gespenstisch präzise. Die Dialoge sind mit der Feinwaage dosiert, das Ambiente eines gediegenen Herrenhauses mit Teich und Biber, Gästegelaß und Diener ist trefflich gewählt für ein klassisch anmutendes, dann aber modernes Kammerspiel, und Julie Delpy ist für 103 Minuten ihr Image als leichte Brise los. Nicht zuletzt ist auch er wieder da, Daryl McCormack, der zuletzt so wunderbar MEINE STUNDEN MIT LEO zählte. Als Leo.

Schon die erste Frage, was Liam Somers denn zum ersten Buch bewogen habe, läßt ihn verstummen. Kein guter Anfang für ein Interview vor Publikum, sehr wohl aber für THE LESSON, der über Erinnerungen seine Handlung entspinnt, eine Story, die vor Winkelzügen strotzen wird, sich einkratzt in die Geheimnisse einer Familie und ebensolche einer Profession, die, für sich genommen, nicht gerade mit Kinotauglichkeit punktet: das Schreiben. Hier ist es anders.

Liam hat Oxford hinter sich, der erste Schritt ins bezahlte Dasein ist der als Aushilfslehrer bei den Sinclairs, wo Sohn Bertie, ein eher sperriger Knabe, ebenfalls auf dem Sprung an die Elite-Uni ist und letzten Schliff verordnet bekommt. Was Wunder bei dieser Mutter, der Kunstkuratorin Hélène, was bei diesem Vater! J.M. Sinclair, der mächtige Erfolgsautor, ist auch für Liam von bewunderungswürdigem Format. „Große Künstler stehlen“ – ein Spruch Sinclairs, den Liam bei Hofe ausgiebig zu ergründen haben wird.

Herrlich, diese Blicke durch Fenster! Scharf, diese Sätze, gefährlicher als die Messer bei Tisch! Edel, diese Optik! THE LESSON sind zwei knappe Lehrstunden puren Genusses.

[ Andreas Körner ]