Originaltitel: THE MAN WHO WASN’T THERE

USA 2001, 116 min
Verleih: Constantin

Genre: Tragikomödie, Schräg

Darsteller: Billy Bob Thornton, Frances McDormand, James Gandolfini, Scarlett Johansson

Regie: Joel Coen

Kinostart: 08.11.01

1 Bewertung

The Man Who Wasn’t There

Brillant-lakonisches Friseur-Drama

Die Coen-Brüder schaffen das Unmögliche, nämlich mit einem Helden zu faszinieren, der die Sympathie des Publikums nicht zu brauchen scheint und beharrlich schweigt, als würde das wirklich in Gold entlohnt. Nur im Off wird Ed Crane etwas gesprächiger, denn er muß seine Geschichte überwiegend selbst erzählen.

Als Friseur arbeitet er Ende der vierziger Jahre im Salon seines plappernden Schwagers, wo er den Kunden kettenrauchend und mit stoischer Teilnahmslosigkeit die Haare in Form schneidet. In seiner Ehe regieren Gleichmut und Gewohnheit. Und auch wenn sich Gattin Doris, eine elegante, abgeklärte und beruflich erfolgreiche Femme fatale, die ihn mehr erträgt als respektiert, weit über die Grenzen des gepflegten Örtchens hinaus zu träumen scheint - Ed Crane, dieser ewige Zweite, kann ihr nicht einmal darin folgen. Wo so viel klägliches Mittelmaß das Atmen erschwert, hat auch die große Chance zum Ausbruch keinen exotischen Klang: Trockenreinigung heißt das Megabusiness, an dem der windige Geschäftsmann Tolliver den Barbier beteiligen will. Das Geld für die Investition will Crane vom Chef seiner Frau erpressen und tötet ihn schließlich in Notwehr. Doch dann wird nicht etwa Crane verhaftet, sondern seine Frau.

Der Name des Kaffs - Santa Rosa - kann sein romantisch-pastelliges Versprechen nicht einlösen, denn dieses Wunderwerk ist ein Schwarz-Weiß-Film - so perfekt gemacht, daß man wirklich von einem neuen ästhetischen Maßstab für diese Kinospezies sprechen muß. Doch die Coens modulieren ihre Loser-Geschichte nicht nur aus der minimalistischsten aller Farbpaletten, sondern treiben das Prinzip des "Weniger ist mehr" auch in Erzähltempo und Dialogen mit äußerster Konsequenz auf die Spitze: Gespräche erhalten ihre Bedeutsamkeit durch Pausen, Handlungen treten gegenüber fast statischen Szenenbildern zurück. In dieser atmosphärischen Dichte entwickeln sie die bissige Ironie ihrer Tragikomödie, die wohl vor allem darin besteht, daß ein Gedemütigter sich staunend dabei zusieht, wie der erste mutige Schritt seines Lebens geradewegs in der Katastrophe endet.

[ Sylvia Görke ]