Bereits die ersten Bilder offenbaren die brisante Thematik: Drei alte jüdische Damen singen vor einem Checkpoint ein altes zionistisches Lied. Doch sie singen es nicht zum Lob Israels, sondern als Protest gegen dessen Besatzungspolitik, die sie als zerstörerisch gegenüber den ursprünglichen Idealen der Gründungszeit des Landes ansehen. Unter den Sängerinnen ist Hava, die Hauptfigur der Dokumentation. Als junges Mädchen mit ihren Eltern aus Polen nach Palästina emigriert, kämpfte sie später als Soldatin für die Errichtung des neuen Staates Israel. Sie erlebte die Zerstörung palästinensischer Dörfer hautnah mit und wandte sich in der Folge bald vom Zionismus ab. Mittlerweile ist sie seit mehreren Jahrzehnten aktiv als Kriegsgegnerin und unterstützt in Israel inhaftierte Palästinenser.
Die alte Kommunistin Pnina ist die lebhafteste der drei Porträtierten. Stets eine erheiternde Anekdote auf den Lippen, führt sie am unterhaltsamsten durch ihre politisch brisante Vergangenheit. Als ausgebildete Krankenschwester engagiert sie sich heute bei den "Ärzten für Menschenrechte" in den besetzten Gebieten. Die dritte "Grannie" namens Tamar, langjährige Kommunistin wie Pnina, spricht besonders reflektiert über das Verhältnis von Palästinensern und Israelis. Tamar studierte im Alter von fast 60 Jahren Jura und setzt sich nun als Anwältin mit dem Schwerpunkt Menschenrechte für politische Gefangene aus Palästina ein.
Von Anfang an existieren Unklarheiten darüber, wer nun eigentlich zu den "Raging Grannies" des Titels gehört, sowie ob und wie die porträtierten Frauen miteinander verbunden sind. Hava, Pnina und Tamar bieten mit ihren bewegten Lebensgeschichten, ihrem politischen Engagement und auch mit ihrem Charme und Witz viel Erzählenswertes. Man hat allerdings den Eindruck, daß Regisseurin Iwajla Klinke sich zu stark auf die Wirkung ihrer Hauptfiguren verläßt und dabei interessante Hintergründe etwas vernachlässigt.
Die geballte Alten-Power tröstet über gewisse Formfehler, die sicher den schwierigen Produktionsbedingungen geschuldet sind, durchaus hinweg. Die inhaltlichen Lücken hingegen können auch die beeindruckenden Persönlichkeiten der drei Damen nicht gänzlich abdecken.
Originaltitel: THE RAGING GRANNIES ANTI OCCUPATION CLUB
D/I 2006, 88 min
Verleih: Ogniana Film
Genre: Dokumentation, Polit
Regie: Iwajla Klinke
Kinostart: 06.12.07
[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...