Originaltitel: THE TREE OF LIFE
USA 2010, 138 min
FSK 12
Verleih: Concorde
Genre: Drama, Familiensaga, Poesie
Darsteller: Sean Penn, Brad Pitt, Fiona Shaw
Regie: Terrence Malick
Kinostart: 16.06.11
Die Goldene Palme bekam er schon mal 1979 für IN DER GLUT DES SÜDENS. Jetzt wurde mit THE TREE OF LIFE ein weiteres Werk des öffentlichkeitsscheuen Ausnahmeregisseurs Terrence Malick mit der höchsten Auszeichnung der Filmfestspiele in Cannes prämiert. Den Buh-Rufen, die der Streifen dort nach seiner Aufführung spontan erntete, folgte dabei schon im selben Kinosaal begeisterter Applaus. Verständlich sind beide Reaktionen.
In THE TREE OF LIFE treibt Malick auf die Spitze, woran er sich in all seinen vier Vorgängerfilmen schon versuchte: Eine Erzähl-Verschmelzung von Makro- und Mikrokosmos. Das Aufgehen einer „kleinen“ Geschichte menschlicher Schicksale in einem Schöpfungs-Großen-und-Ganzen. Im konkreten Fall bettet Malick eine Familiengeschichte, die genaugenommen eine Kindheitsgeschichte ist, in nicht weniger als eine Geschichte des Lebens selbst ein. In eine Genesis vom Anbeginn der Welt, in eine Kosmologie des Seins. Ja, da erglühen Landmassen aus tosender Gischt, oder stapfen tatsächlich Saurier durch die Landschaft.
Und all das, was hier Schöpfung, Evolution, Natur und auch Naturmystik ist, so erzählt es uns in unglaublicher Weise Malick, ist zugleich sinfonische Ouvertüre zum Kammerspiel um Jack und seine Familie. Jack wächst in den späten 50er und frühen 60er Jahren im mittleren Westen der USA auf. Mit zwei Brüdern, einer engelhaften liebenden Mutter und einem strengen bis harten Vater. Und das Kind Jack wird einmal der Architekt Jack sein, der in der kalten Anonymität einer Metropole dem Verlust der Unschuld, dem im Lebensfluß verlorengegangenen Bewußtsein eines Zustandes der Gnade nachsinnt.
Ja, man kann die Buhs verstehen. Gerade im letzten Stück seines Films strauchelt Malick zu einem Erlösungsszenario hart am Esoterik-Kitsch. Und mal ehrlich: Mußten die Saurier sein? Und das ganze Universum und Gott und das Leben gleich dazu? Das Paradox ist doch: In den Filmen, in denen Malick das weniger explizit formuliert, weniger dezidiert in Bilder faßt, offenbart es sich weitaus prägnanter, dieses Wunder des Lebens und der Schönheit.
Diese allerdings besticht hier nun in jenen Passagen der Handlung, in denen Malick, gleich einem Kino-Rousseau, Kindheit zelebriert als Zustand der Unschuld und somit Harmonie. Und den Verlust dieser Unschuld als seltsam entkörpertes Schweben, als Abschiedstanz aus Licht, Form, Bewegung, Musik und Worten. Schönheit allenthalben. Man muß nur sehen können. Malick zeigt, wie es geht.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.