Takuu, ein kleines Atoll im Südpazifik. Seit mehr als 1000 Jahren Heimat von Menschen, deren familiäre Dramen und verzeihbare Lügen sich von nirgendwo anders unterscheiden: Während Endar zu Besuch kam, um ihre Schwestern beim Pflegen des Vaters zu entlasten, schleicht sich Satty, junger Vater von fünf Kindern, schon mal unter einem Vorwand davon, wenn ihn der Nachwuchs nervt. Man lebt gut ohne Einkaufsmeilen, teilt brüderlich, hält zusammen.
Doch Gefahr droht den rund 400 Bewohnern von der westlichen Welt, konkret dem Klimawandel. Der Meeresspiegel steigt unaufhörlich, schon sind Teile der Insel verschwunden, die Kinder raten, man könne ja auf Palmen klettern. Zwischen den Erwachsenen dagegen herrscht Uneinigkeit – soll man bleiben? Oder praktisch die eigene Historie hinter sich lassen und umsiedeln? Wenn ja: wie?
Betrachtet wird der Konflikt dabei für eine Doku erstaunlich stringent, nahezu spielfilmartig im Aufbau, trotzdem bleibt immer Raum zum Verweilen, für Beobachtungen von Ritualen, Gesängen, Tänzen. Eine geschickte Regisseurs-Strategie, welche automatisch Identifikation bedingt, unterstützt von wenig globalen Betrachtungen, vielmehr der Konzentration auf ausgewählte Einzelschicksale. Das geht dann vor allem im zweiten Teil, in dem unter anderem Wissenschaftler die Lage untersuchen, sehr nahe, schafft emotionale Fundamente, wenn beispielsweise eine Familie das weitere Vorgehen plant, oder Endar ihre Angehörigen verläßt, verlassen muß. Da hätte es melancholischer Musik und wunderschöner Aufnahmen von schwimmenden Delphinen, untergehender Sonne, sich sanft wiegender Vegetation grundsätzlich gar nicht bedurft, um dem Zuschauer auf Sinnesebene zu vermitteln, daß hier ein Paradies am Rande des Untergangs steht.
Anders formuliert: Dieses Bild einer versinkenden Kultur beweist fast unbemerkt, daß sich die Ansprüche an ein wichtiges Anliegen auf der einen Seite sowie das Kinoerlebnis andererseits nicht zwangsläufig ausschließen müssen, denn THERE ONCE WAS AN ISLAND ist ganz nebenbei auch noch so vielschichtig und aufwühlend wie ein gutes Drama. Wozu gleichsam die Texteinblendungen am Ende gehören: Eine extreme Bestandsanalyse steht der niederschmetternden Zukunftsprognose voran, und zwar meditativ bebildert. So gräbt man sich mit Nachhaltigkeit und hoffentlich Erfolg ins Bewußtsein – ehe der Filmtitel zur Realität wurde.
Originaltitel: TE HENUA E NNOHO
Neuseeland/USA 2010, 80 min
Verleih: Eigenverleih
Genre: Dokumentation
Stab:
Regie: Briar March
Kamera: Briar March
Kinostart: 24.03.11
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...