D 2009, 107 min
FSK 16
Verleih: Kinowelt

Genre: Drama, Psycho

Darsteller: Corinna Harfouch, Jens Albinus, Lisa Nguyen, Jürgen Vogel, Devid Striesow, Ernst Stötzner

Stab:
Regie: Matthias Glasner
Drehbuch: Matthias Glasner

Kinostart: 19.11.09

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This Is Love

Die unverbrüchliche Liebe zum Tabu

Seit Glasners DER FREIE WILLE sind drei Jahre vergangen. Viel Zeit für einen Regisseur, um seinem großen Thema, der Trias von Sex, Gewalt und Schuld, weiter auf den Grund zu gehen. Vielleicht aber auch zu wenig, um Matthias Glasners erneuter Herausforderung an den moralischen Orientierungssinn begegnen zu können – und zwar ohne Vorbehalte, quasi ohne Bedingungen. Doch so sehr dieser Film wie sein Vorgänger von einer intensiven, freilich verheerenden Liebe getragen sein mag, so sehr sind doch vor allem ihre Bedingungen der eigentliche inhaltliche Kern.

Wie ehedem gilt für keine von Glasners Figuren die Unschuldsvermutung: Nicht für die alkoholabhängige Polizistin Maggie, deren Mann vor Jahren einfach aus ihrem Leben verschwand – bis sie erfährt, daß er ein paar Straßen weiter wohnt und die gemeinsame Tochter regelmäßig trifft. Nicht für den Dänen Chris, der in Vietnam kleine Mädchen ihren Zuhältern abkauft, um sie an europäische Adoptiveltern zu vermitteln – bis er in der neunjährigen Jenjira einer Lolita mit einschlägiger Blow-Job-Erfahrung begegnet, die für Zuneigung in der ihr einzig bekannten Währung zahlt. Liebe sei das, behauptet Glasner – und meint doch immer ein Ausgeliefertsein, das nach Schuld und Unschuld gar nicht fragt. Und dann wird Jenjira ein Fall für die Polizei, der Maggie und Chris, erschöpft im Verhörzimmer kauernd, zusammenführt.

Glasner hat seinen Versehrten eine komplexe Struktur aus Rückblenden gebaut, die sich blitzlichtartig in ihre Vergangenheit bohrt. Ein besoffener Abend da, eine knisternde, verbotene Zweisamkeit dort – an den Grenzen zum Tabu verschwimmen die Unterschiede. Er liebt sie, jene Indifferenz, die so schwer zu ertragen ist. Aber bewältigt er sie auch filmisch? Viel wird ausgesprochen, wo die Bilder genug erzählen. Viel wird verbunden, was eigentlich mehr Raum, wenn nicht gar einen eigenen Film vertragen hätte. Zu oft wird dramaturgisch verkompliziert, wo die verquere Psyche der Figuren allein genügte, um den Glauben an die Linearität von Ursache und Wirkung zu erschüttern.

Und zu selten zügelt er die schier überbordende Kraft seiner Schauspieler, die ihre Figuren mit Verve und Virtuosität, aber nicht immer mit Maß vor die Wände ganz privater Gefängnisse laufen lassen.

[ Sylvia Görke ]