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Thomas Pynchon – A Journey Into The Mind Of [p.]

Jagd nach dem Phantom

Wie macht man einen Film über einen Mann, der sich seit fast 40 Jahren der Öffentlichkeit verweigert, keine Interviews gibt, keine Lesungen veranstaltet und sich nicht fotografieren läßt? Fosco und Donatello Dubini haben sich an Thomas Pynchon versucht, einem der meistdiskutierten Autoren der literarischen Moderne.

Das Interesse der Regisseure an dem amerikanischen Schriftsteller, dessen Romane überaus komplex sind, scheint dem Umstand geschuldet, daß dieser trotz seiner Verweigerung, persönlich in Erscheinung zu treten, omnipräsent ist. Die Dubinis haben sich zum einen auf die biographische Spur Pynchons gemacht, aber auch den Versuch unternommen, sich seiner Person über die Werke zu nähern. Nun liegt ein Film vor, der mit ästhetischen Reizen reich ausgestattet, kurzweilig und durchaus interessant erscheinen mag.

Der Grundaufbau orientiert sich an P’s möglichen Lebensstationen. Als Zeugen des biographischen Puzzles werden Journalisten, Schriftsteller, Ex-Geliebte und Betreiber von Pynchon-Websites aufgerufen. In der Auseinandersetzung mit dem bislang umfangreichsten Roman "Gravity’s Rainbow (Die Enden der Parabel)" finden sich im Film u.a. gewagte Parallelen zwischen Drogenversuchen an KZ-Häftlingen und Experimenten der USA in den 60ern. Mit dem Anspruch einen Eindruck der Gedankenwelt des Autors zu vermitteln, werden auch Pynchon derartige Einschätzungen unterstellt, ohne daß es dazu Erklärungen oder Verweise zum Text gäbe.

Die mögliche Intention Pynchons, die Bücher für sich selbst sprechen zu lassen und sich dem PR-Rummel zu verweigern, wird im Film außer Betracht gelassen. Mechanismen, die einen solchen Wunsch nach Inoffizialität hintertreiben, werden nicht erfragt; im Gegenteil, auch die Regisseure scheinen sich - von der Pynchomania erfaßt - auf die Jagd zu begeben und präsentieren Aufnahmen, die ein mögliches Abbild des Autors sind. Als interessant hat sich weniger die Frage danach erwiesen, wie man einen Film über Pynchon machen kann, sondern warum.

D 2001, 92 min
Verleih: REAL FICTION

Genre: Biographie, Dokumentation

Regie: Fosco Dubini, Donatello Dubini

Kinostart: 17.01.02

[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.