D 2016, 90 min
FSK 16
Verleih: Constantin
Genre: Erwachsenwerden, Drama
Darsteller: Ella Rumpf, Maria Dragus
Regie: Jakob Lass
Kinostart: 06.04.17
Doch, doch, das hätte gut auf dem Mist Bernd Eichingers gewachsen sein können, dieses Entdecken, Schnappen und Festhalten neuer, junger und wilder Talente. Denn Eichinger spielte zwar gern auf dem großen internationalen Parkett mit, machte es sich nicht selten im Planschbecken noch jeder Bestsellerverfilmung gemütlich aber er hatte immer auch einen Riecher für das Neue, Ungehobelte und Ungestüme. Man erinnere sich an Kollaborationen mit Edel, Klick und Roehler. Und jetzt bringt „seine“ Constantin, die seit 2011 bekanntermaßen ohne Eichinger als Kapitän auskommen muß, nach LOVE STEAKS den neuen Film von Jakob Lass raus, und wer Seelenverkauf wittert, wenn sich eine junge wilde Berliner Mannschaft mit einem renommierten Münchner Verleih verbündet, liegt eben falsch. Siehe oben ...
Ins Großstadtjetzt katapultiert uns der Film TIGER GIRL, der gehörig frischen Wind ins deutsche Kino bringt, weil sich die Filmemacher was trauen: Sie pfeifen in ihrer teils sehr taffen Geschichte von der Freundschaft zweier Mädchen auf Genrekonventionen, schielen ein wenig nach THELMA & LOUISE, inszenieren krasse Battles, von denen es wahrlich nicht wenige gibt, in Martial-Arts-Manier und fahren zumindest zu Beginn des Films ein ungeheures, comicartiges Tempo auf, wenn sie die wütende Tiger als Schutzengel an Vanillas Seite immer dann auftauchen lassen, wenn die Kacke so richtig am Dampfen ist, wenn (männliche) Gewalt droht, der nur mit (weiblicher) Gegengewalt beizukommen ist. Und selbst wenn der Film bald in eine etwas ruhigere Tonspur gerät, ein bißchen Glaubwürdigkeit mancher Provokation opfert, bleibt TIGER GIRL doch immer ein Stück wildes, rotzfreches und nonkonformes Stück Kino.
Los geht es, als die durch die Polizeiprüfung gerasselte Maggie, aus der später Vanilla wird, sich Jeep-Tussen-Frust am Parkplatz ausgesetzt sieht, Tiger aus dem Nix auftaucht, den Außenspiegel wegkickt: „Jetzt paßt’s!“ Dies ist der Auftakt zu einer wilden, bald schwer erprobten Freundschaft zweier Mädels, die erst einmal gegensätzlicher nicht sein können. Maggie steckt vieles weg, macht sich aus dem Staub, wenn Probleme drohen, will nach Enttäuschungen ihre Ruhe, hingegen Tiger impulsiver und auch krawalliger ist, Supermarktregale leerklaut, Türkenmachos aus dem Weg tritt und die personifizierte Revolte gegen das deutsche Dauernormale ist. Tiger ist eine kraftvolle, trotz aller Gewaltbereitschaft schwer sympathische Poserfigur, von denen das Kino ein paar mehr gebrauchen könnte.
Überhaupt setzt TIGER GIRL zum Gegenangriff auf tradiertes, dramaturgisch von eifrigen Redakteuren bis zur Anämie rundgefeiltes Kino an, traut sich, Gewalt zu stilisieren, erweist Comicverfilmungen, Western und manchem Melville-Moment die Ehre. Und selbst wenn bei derlei Stilwillen manchmal die Puste ausgeht, schmälert dies den nachhaltigen Eindruck des Films kein bißchen.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.