Das Mittelalter an sich war ja zumindest für Durchschnittsbürger eine ziemlich freudlose Zeit – wie gut, daß reisende Scherzbolde vom Schlage Till Eulenspiegels wenigstens etwas Stimmung in die Bauernbuden brachten. Nachdem so ziemlich jede klassische Märchen- oder Sagengestalt bereits zum Filmhelden gemacht wurde, bekommt jetzt der Urvater aller Komiker seinen großen Auftritt.
Die bekannten Streiche fanden darin keinen Platz, stattdessen erdachte man eine neue Geschichte: Tills magisch begabter Großvater verschwindet nach mißlungenen Zaubereien spurlos, während sich Eulenspiegel selbst spontan in des Bürgermeisters Tochter verliebt. Das riecht förmlich nach Ärger, schließlich ist sie dem örtlichen Hauptmann versprochen. Außerdem möchte neben Opa auch der kindliche König gerettet werden, da dessen mordlustige Beraterin nur zu gern den Thron erklimmen würde. Viel Arbeit für Till, und so sitzt ihm bald nicht nur der Schalk, sondern die komplette Wache im Nacken, bis seine Hinrichtung angeordnet wird. Was nun?
500 Mitarbeiter, 15 Millionen Euro Budget, zweieinhalb Jahre Entwicklungsfrist, Deutschlands Prominenz am Mikrofon – da ist man durchaus gewillt, ein ehrfürchtiges "Wow!" zu hauchen und Großes zu erwarten. Allein, der Jubel kommt zu früh. Ähnlich den aktuelleren Werken aus Amerikas Mäusefirma möchte TILL EULENSPIEGEL Kinder und Erwachsene gleichermaßen ansprechen, mutiert dabei aber einfach nur zum unentschlossenen Zwitter. Infantile Gags harmonieren nun mal nicht übermäßig toll mit vermutlich kritisch gedachten Handlungselementen á la wucherhaften Steuererhöhungen. Die Animation geht rein technisch in Ordnung, spricht jedoch in bewußter Abkehr von Spielereien und mangels Detailliertheit weder Kleine noch Große wirklich an. Eher Frust als Spaß bringen zusätzlich hilfsoriginelle Nebenfiguren wie Eulenspiegels Kompagnon Cornelius, eine teutonisch-humorig klischierte schwule Eule (!), sowie die immer etwas zu enthusiastische Synchronisation am Rande theatralischen Deklamierens. Tja, Till – dieser Schabernack ging dann wohl auf deine eigenen Kosten. Vielleicht beim nächsten Mal?!
D 2003, 84 min
Verleih: Solo Film
Genre: Animation, Kinderfilm
Regie: Eberhard Junkersdorf
Kinostart: 25.09.03
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...