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Toast

A Starkoch Is Born

Nein, kein wirklich heimischer Ort, dieses spießige und verkrampfte Zuhause in Wolverhampton. Nigel leidet früh am Fehlen von Sinnlichkeit und echter Genüsse. Er sieht die verängstigte Mama, die sich vor Allergien, mehr noch aber vor dem Leben fürchtet. Das spiegelt sich auch in der Ernährung wider: Frischer Käse? Iiieh! Die Slatersche Küche besteht aus aufgewärmtem Dosenfutter, gescheiterten Backversuchen und jeder Menge Toast. Letzterer ist zumindest mit Butter bestrichen eine ehrliche Mahlzeit, ideenlos aber trotzdem.

Nigel, gerade durch die Liebe zur schwer erkrankten Mutter, leidet am dominanten Vater, der Nigels Zuneigung zum Gärtner Josh kritisch beäugt, diesen alsbald entläßt und letztendlich unfähig ist, den Jungen aufzufangen, als dessen Mama stirbt. Nigel bleiben nur seine Fluchten in kulinarische Träume – mal mit Kochbuch und Taschenlampe unter der Bettdecke, später dann ganz real als einziger Junge im Hauswirtschaftskurs und dann das Durchstarten in gastronomische Gefilde, schließlich gar in Sterne-Kreise. Denn Nigel Slater gibt es wirklich, er ist heute einer der populärsten Fernseh- und Autorenköche Englands.

Doch ob wahr oder nicht, spielt eigentlich keine Rolle, weil TOAST eine wunderbar geschriebene, für das Erwachsenwerden in den 60ern geradezu treffliche und auch dem britischen Qualitätskino gerecht werdende Geschichte erzählt: von Kindheit über Jugend, von erster – auch sexueller – Sehnsucht und vor allem vom Alleinsein und -durchkommen. Denn ein Junge, der früh seine Mama verliert, ist allein, gerade bei dieser Generation egozentrischer und ganz allgemein überforderter Väter.

Doch TOAST ist trotz sehr anrührender Momente – dazu zählt eine wundervoll gefilmte, regelrecht zärtliche Tanzszene zwischen Mutter und Sohn – eine auch komische Geschichte. Was auch an gescheiterten Kochversuchen liegt, vor allem aber am Auftauchen von Miss Potter. Die trägt Strapse, raucht wie ein Schlot, macht den Slaters schließlich den Haushalt und dem Vater alsbald das Bett. Und sie kann kochen! Da übernimmt ein Konkurrenzkampf zwischen dem adoleszenten Nigel und dem Eindringling Potter das Ruder, was für jede Menge Lacher inkl. dunkler Schatten führt.

Letztendlich geht es darum, daß jeder seinen Platz finden will, dies birgt in TOAST auch eine große Portion tragischen Potentials. Dazu passen die Dusty-Springfield-Interpretationen einiger Brel- und Aznavour-Klassiker geradezu perfekt.

Originaltitel: TOAST

GB 2010, 96 min
FSK 6
Verleih: MFA

Genre: Drama, Erwachsenwerden, Komödie

Darsteller: Helena Bonham Carter, Ken Stott, Freddie Highmore

Regie: S.J. Clarkson

Kinostart: 11.08.11

[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.