Originaltitel: TÁR
USA 2022, 159 min
FSK 12
Verleih: Universal
Genre: Drama, Musik
Darsteller: Cate Blanchett, Nina Hoss, Johann von Bülow
Regie: Todd Field
Kinostart: 02.03.23
Das Kino ist voller Geschichten über den Grenzgang von Genie und Wahnsinn. TÁR fügt sich da problemlos ein – mit einem feinen Unterschied. Während einem beispielsweise August Diehl als Hacker Karl Koch in 23, Willem Dafoe als VAN GOGH oder Tom Hulce als AMADEUS in Fragilität und Untergangsweihung durchaus nahegehen, bleibt einem die von Cate Blanchett gespielte, in der Klassikwelt gefeierte und zwischenmenschlich doch eher, sagen wir, wechselhafte Musikerpersönlichkeit Lydia Tár fremd, ihre Klasse berührt nicht sonderlich, ihr Absturz ebensowenig. Das mag intendiert sein, denn auch die Bilder sind oft wie heruntergefroren, Társ an Attitüden reicher Gestus paßt dazu, und selbst die Musik Gustav Mahlers hält in ihrer Wucht auf Abstand.
Tár bereitet sich als Orchesterchefin der Berliner Philharmonie auf Mahlers 5. Sinfonie vor, für sie ein emotionaler Grenzgang, die ganz Großen des Fachs haben tiefe Fußspuren hinterlassen. Dafür findet Regisseur Todd Field durchaus starke Bilder, etwa, wenn Tár den Parkettfußboden mit Schallplatten legendärer Aufführungen pflastert, um darauf herumzutreten. Tár leidet unter Schlaflosigkeit, Gereiztheit stellt sich ein, gepaart mit eigentümlichen Stolz (etwa, wenn sie in Plácido Domingos Suite übernachtet, also ohne ihn), sie macht junge Musiker rund, ja, sie kann durchaus Karrieren zerstören, und Tár wird empfänglich für die dunklen Augen einer russischen Cellistin, ihre Ehe mit Sharon kriegt Risse.
Field verzichtet doch deutlich auf Kinokonvention, das führt immer wieder zu Längen und Übersprüngen, bisweilen erwischt man sich beim Wunsch, dies lieber gelesen zu haben. Und der angepappte Schluß einer unnötig auserzählten Läuterung wirkt – angepappt. Natürlich, die Besetzung Blanchetts ist schon irgendwie folgerichtig, im Schauspiel ist die Australierin zweifelsfrei eine der Größten ihres Metiers. Doch durch ihr, wie sagen wir’s am respektvollsten, in den Jahren stark verändertes, zunehmend maskenhaft wirkendes Gesicht und dann eben diese allzu bewußte Spieltiefe irritiert sie und verstärkt die Distanz beim Zuschauer.
Társ Ehefrau Sharon wird übrigens von Nina Hoss gespielt, und das ist das Allererfreulichste am Film: Die Ausnahmemimin Hoss war einmal mehr klug beraten und spielte eben nicht gegen die Blanchettsche Wucht an, sie setzte auf ihr Markenzeichen, dieses innere, dieses so verführend reduzierte Spiel ... und gewann.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.