Der Titel macht klar: Drei Menschen stehen im Zentrum dessen, was verleihseitig als Komödie bezeichnet wird. Kurzes Kopfkratzen. Man muß schon über ziemlich rustikalen Humor verfügen, um diese Seelen-Odyssee lustig zu nennen. Aber langsam.
Da wäre also zunächst Ana, heftig pubertierend, klug, jedoch in schulischen Belangen unmotiviert und daher direkt davor, das Jahr zu wiederholen. Ana findet’s amüsant, macht sich keine Sorgen und weiß sowieso nicht recht, wohin sie will. Wir verfolgen es: Anas Freund juckt der Schritt, sie verweigert sich dem Burschen, holt ihm maximal gelangweilt einen runter. Dann macht das Mädchen einen älteren Typen an, probiert sich aus, feiert Geburtstag, treibt einfach dahin. Der Film mäandert nebenher, und obwohl man diese Lebensphase selbst kennen mag, stellt sich in ruhiger Minute – derer es einige gibt – die Frage: was soll’s?
Weitaus interessanter hingegen Anas seit langer Zeit getrennte Eltern. Papa Rodolfo arbeitet als Zahnarzt, erkauft die Zuneigung seiner Tochter mittels Geschenken, bemüht sich allgemein geradezu herzzerreißend um Zugehörigkeit, wird allerdings überall abgelehnt. Sogar beim Freizeitsport will die „fette Sau“ keiner haben. Anas Mutter Graciela hingegen kümmert sich um eine todkranke Tante, vergißt darüber eigene Bedürfnisse, bis sie im Krankenhaus einen Mann kennenlernt.
Hier gelingen stark berührende Szenen; etwa dann, wenn Mama die Lampen des Badezimmerspiegels lockert, den eigenen Anblick nicht mehr erträgt – um sie später, angesichts frisch erwachter, das Auftragen von Make-up erfordender Gefühle, wieder einzudrehen. So zerfällt das knapp zweistündige und insgesamt zu lang geratene Porträt einer dysfunktionalen Familie in mal mehr, mal weniger überzeugende Bestandteile. Großaufnahmen möchten die Psychen der Figuren widerspiegeln, was erneut differierende Wirkung zeigt: Anas blaue Augen ermüden langfristig, in Gracielas abgespanntem Gesicht gibt es immer neue Facetten zu entdecken. Oder war es sogar ein Stilmittel, die Protagonisten bloß vage zu verbinden, soll das recht autonome Agieren dem Zuschauer zur Problem-Identifikation verhelfen?
An Lakonie sowie filmischen Experimenten Interessierte finden es am besten selbst heraus und dürfen gegen Ende schließlich erleben, wie die innerfamiliäre Obduktion die Grenze zum Surrealen streift. Manchmal hilft nur Tanzen ...
Originaltitel: TRES
Uruguay/Argentinien/D/Chile 2012, 119 min
FSK 0
Verleih: Real Fiction
Genre: Familiensaga, Drama
Darsteller: Humberto de Vargas, Sara Bessio, Néstor Guzzini, Matías Ganz
Regie: Pablo Stoll Ward
Kinostart: 29.11.12
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...