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Turistas

Menschen und Viecher

Es drängt sich der Eindruck auf, daß es im jungen lateinamerikanischen Kino vergleichsweise viele Regisseurinnen gibt (weltweit ist das Regiefach noch immer primär von Männern belegt), die zudem durch erzählerisch und visuell starke Filme auffallen. Der engagierten Schweizer Stiftung trigon-film, die seit über 20 Jahren Filme aus Afrika, Asien und Lateinamerika nach Europa holt, ist es zu verdanken, daß es wieder ein Werk einer vielversprechenden Filmemacherin auf hiesige Leinwände geschafft hat. Die Chilenin Alicia Scherson legt mit TURISTAS ihren zweiten Langfilm vor, schon mit ihrem Erstling PLAY erlangte sie internationale Aufmerksamkeit.

Zum Inhalt: Auf der Fahrt in die Ferien kommt es bei dem Ehepaar Carla und Joel zum Bruch, weil sie sich im Alleingang für die Abtreibung des gemeinsamen Kindes entschieden hatte. Kurzerhand wird Carla von dem zutiefst verletzten Joel am Straßenrand ausgesetzt. Statt auf dem schnellsten Weg nach Hause zurückzukehren, schließt sie sich spontan dem norwegischen Rucksacktouristen Ulrik an, der auf dem Weg zu einem Nationalpark ist.

Scherson studierte vor ihrer Filmlaufbahn Biologie, wovon TURISTAS merklich beeinflußt ist. Es hat etwas von einer wissenschaftlichen Versuchsanordnung, wie sie ihre städtischen Protagonisten in die natürliche Umgebung setzt. Aber es ist kein steriles Laborexperiment, sondern vielmehr eine Feldstudie voller subtilem Humor und überraschenden Begegnungen geworden. Die Natur ist hier nicht Überwältigung, sie ist das Schöne-Fremde, das für einige Tage eine Gegenwelt zur urbanen Alltagsrealität bietet. Symbolisiert wird das durch die Grenzen des Nationalparks, an die Carla irgendwann stößt, und durch die immer wiederkehrenden Aufnahmen verschiedener Insekten, deren faszinierende Andersartigkeit Scherson in Nahaufnahmen einfängt. Überhaupt gehen Bild und Handlung im ganzen Film eine sehr bewußte Verbindung miteinander ein.

Trotz des ernsten Ausgangspunktes der Geschichte entfaltet TURISTAS eine spielerische Leichtigkeit. Das liegt vor allem an den ausgefeilten Dialogen, die immer knapp neben der Spur laufen, und an den Figuren, die alle etwas leicht Schräges haben, ohne ins Exzentrische zu kippen. Auch bereitet es großes Vergnügen, der wundervollen Aline Kuppenheim als Carla dabei zuzusehen, wie sie durch Natur und Leben stolpert.

Originaltitel: TURISTAS

Chile 2009, 105 min
Verleih: Kairos

Genre: Drama, Natur

Darsteller: Aline Kuppenheim, Marcelo Alonso, Diego Noguera, Pablo Ausensi

Regie: Alicia Scherson

Kinostart: 23.02.12

[ Dörthe Gromes ]