Was haben wir die Menschen in der Mongolei bewundert und beneidet, als sie uns von weinenden Kamelen und gelben Hunden erzählt haben. Doch ihr Lebensraum droht in Wirklichkeit zu schwinden, ihre Lebensart ist dem Wandel unterworfen. Die Industrialisierung hat auch den entlegensten Teil der Region erreicht. Um das Leben seiner Vorfahren zu dokumentieren, bevor es ganz verschwunden ist, hat der chinesische Regisseur Wang Quan’An eine Geschichte erzählt, die die Probleme der Gegenwart mit einer tiefen Menschlichkeit und viel Charme verbindet.
Es ist die Geschichte von Tuya. Seitdem sich ihr Mann Bater beim Brunnenbau verletzte, sorgt sie allein für die Familie. Sie kümmert sich um die Schafherde, die Ernte und ihre Kinder. Doch die Arbeit wächst ihr zunehmend über den Kopf, und ein Rückenleiden macht ihr zu schaffen. Also muß ein neuer Ehemann her. Ihre Auflage: neben ihr und den Kindern soll er sich auch um den invaliden Gatten kümmern. Der Heiratswunsch der schönen Mongolin spricht sich schnell herum. Die Bewerber stehen Schlange und bringen ihre Familie mit - zum Schnaps in die kleine Jurte. Doch die Suche nach dem Richtigen erweist sich als schwer. Der freundliche Nachbar Sen Ge versucht derweil Tuyas Herz zu gewinnen, hat aber noch genug mit der eigenen Frau zu tun. Schließlich entscheidet sich Tuya für einen reichen Geschäftsmann, damit Bater und die Kinder versorgt sind. Doch ist es auch für sie die beste Wahl?
Das Leben ist hart am Ende der Welt. Weit entfernt von Ethno-Kitsch und Exotik schildert TUYAS HOCHZEIT das beschwerliche Leben in der kargen Landschaft zwischen tief verwurzelter Tradition und unaufhaltsamer Moderne. Fast dokumentarisch fängt er den Alltag einer mongolischen Familie ein. Im Mittelpunkt: die stolze Mutter. Aufrecht auf dem Rücken des Pferdes hält sie die Schafherde und ihre eigene zusammen. Geht ein Kind verloren, würde sie die Wölfe fressen, um es zu retten. Stark, wie die für ihre Rolle bereits mit zahlreichen Preisen bedachte Schauspielerin Yu Nan diese unabhängige, fürsorgliche Frau verkörpert.
Aber auch die Nebendarsteller, zum Großteil mongolische Schäfer, tragen ihren Teil dazu bei, daß TUYAS HOCHZEIT das Leben in diesem Breitengrad fühlbar macht. Ein sehenswerter Film, der die ihm zuteil gewordene Beachtung durch den Goldenen Bären auf der Berlinale 2007 verdient hat.
Originaltitel: TUYA DE HUN SHI
China 2006, 90 min
Verleih: Arsenal
Genre: Drama
Darsteller: Yu Nan, Bater, Senge
Regie: Wang Quan’An
Kinostart: 23.08.07
[ Lars Tunçay ]