Originaltitel: WHEN A STRANGER CALLS
USA 2006, 87 min
Verleih: Sony
Genre: Thriller, Horror
Darsteller: Camilla Belle, Tommy Flanagan, Katie Cassidy
Regie: Simon West
Kinostart: 15.06.06
Es ist der Alptraum jeder Babysitterin – als sie allein in einem fremden Haus irgendwo weitab vom Schuß sitzt, ruft ein gestörter Mann an. Der Psychopath keucht in den Hörer: "Haben Sie schon nach den Kindern gesehen?" Eine nähere Inspektion ergibt, daß die Kleinen ermordet wurden, und der Killer auch noch da ist. Ergo muß sich die Babysitterin ad hoc zur um ihr Leben kämpfenden Heroine mausern ...
Es ist auch ein Remake, denn dieses Geschehen füllte die ersten 20 Minuten des Krachers WHEN A STRANGER CALLS, hierzulande als DAS GRAUEN KOMMT UM 10 nahezu unbekannt. Nach obiger Exposition geriet das Original zur finsteren Sozialstudie, um schließlich den Kreis mit Horrorelementen zu schließen. In der vorliegenden Neuverfilmung blieb davon jedoch nichts übrig, da man sich entschloß, lediglich den erwähnten Prolog zu verwenden und mit mehr Personen – sprich: Leichen – auf Spielfilmlänge aufzublasen.
Es ist keine gute Idee gewesen, so zu verfahren. Nachdem Protagonistin Jill uns als Sportskanone vorgestellt (schlechte Karten für Mörder) und von ihrem Vater vollgetextet wurde, daß man "Verantwortung übernehmen muß, wenn es darauf ankommt" (rette auch die Dir anvertrauten Kinder!), ist jegliche Figurencharakterisierung abgeschlossen. Jill entert also die Villa des sie engagierenden Ehepaares und latscht in der folgenden Stunde ruhelos durchs Gemäuer, um gar gruseligen Geräuschen nachzugehen. Die Eiswürfelmaschine poltert, das Hausmädchen rumpelt vor sich hin, zwischendurch kreischt mal die Alarmanlage los – und Jill kriegt immer einen halben Herzinfarkt. Den Zuschauer packt dagegen wachsende Ungeduld, weil eben rein gar nichts passiert, sich jede potentielle Bedrohung in Harmlosigkeit auflöst. Allein der häufig erstaunlich elegische Score weiß ausnehmend gut zu gefallen. Zwischendurch rufen auch vielerlei Leute an, doch bis endlich der Psychopath seine klassische Frage stellt, vergehen zwei Drittel des Films in totaler Öde. Ganz am Ende kommt es zwar zum gar nicht mehr erwarteten Showdown, aber bis dato hat man längst jedes Interesse verloren.
Es ist letztlich die traurige Mutation eines höchst spannenden Meisterwerkes zum glatt polierten 08/15-Thrill und damit eine rechte Schande.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...