Originaltitel: UNDER THE SILVER LAKE
USA 2018, 139 min
FSK 16
Verleih: Weltkino
Genre: Thriller
Darsteller: Andrew Garfield, Riley Keough, Topher Grace
Regie: David Robert Mitchell
Kinostart: 06.12.18
Alles schon dagewesen, alles schon gesehen – das ist der Stoßseufzer der Postmoderne. Wir leben, nein: Wir kleben im Spinnennetz der Analogien und Querverweise. Stolpern durch Subtextsubtexte, die sich wie ein Kaninchenbau sinnlos ineinander gestapelter Sinngebungsbemühungen verzweigen. Oder sich in Unübersichtlichkeit ausbreiten, ähnlich dem nächtlichen Lichtermeer von Los Angeles. Der Stadt vorrangig gefallener Engel.
In der lebt auch Sam. Ein Nerd, ein Phlegmatiker. Einer, der Lebenszeit damit totschlägt, mit einem Fernglas in die Fenster der Nachbarschaft zu spannen. Und dem dabei auch Sarah aus dem gegenüberliegenden Apartmentblock ins Visier gerät. Ein Engelchen der Verheißung, welcher Sam dann auch prompt erliegt. Und tatsächlich und für keinen überraschender als für Sam selbst, kommt man sich näher. Doch bevor daraus eventuell so was wie richtige Nähe werden könnte, ist Sarah spurlos verschwunden.
Sams Suche nach ihr ist dann der rote Faden, den Robert David Mitchell in UNDER THE SILVER LAKE entrollt. Wobei „entrollt“ ein völlig falsches Wort ist für diese Kinoreise in den Popkultur-Kaninchenbau. „Verheddern“ träfe besser, was Mitchells Film in seinen zu langen, knapp zweieinhalb Stunden Dauer vorführt. Denn wo anfänglich noch das Thriller-Sammelsurium an rätselhaften Personen, Ereignissen und Parallelsträngen für eine angenehm unwirkliche, zudem fotografisch wunderbar flirrend in Szene gesetzte Atmosphäre sorgt, verpufft all das im Laufe der Handlung zunehmend zur allzu selbstreferentiellen Nebelbombe eines allzu ambitionierten Films. Eines Films, der schlicht im Subtext-Sumpf versinkt, der zu vollgestopft ist mit Analogien, Querverweisen, Zitaten aus Kino, Popmusik und Literatur. Aufs Aufzählen einschlägiger, mal gut versteckter, mal offensichtlicher Beispiele sei hier mal verzichtet.
Nur so viel: Auch der Spaß am Dechiffrieren geht irgendwann verloren. Und warum, begreift man spätestens, wenn im Film das Grab Alfred Hitchcocks einen quasi hitchcockhaften Cameo-Auftritt hat. Spannung und Suspense nämlich, also das Grundlegendste, was ein Thriller, wie kryptisch und mäandernd er immer auch erzählen mag, zum Funktionieren braucht, sind da in UNDER THE SILVER LAKE längst selbst schon zu Grabe getragen worden. Schade.
[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.