Originaltitel: UNSANE

USA 2018, 98 min
FSK 16
Verleih: Fox

Genre: Psycho, Thriller

Darsteller: Claire Foy, Joshua Leonard, Jay Pharoah, Juno Temple

Regie: Steven Soderbergh

Kinostart: 29.03.18

1 Bewertung

Unsane

Soderbergh und seine ruppigen Handyspiele

Steven Soderbergh wird und will wohl definitiv kein Freund des amerikanischen Gesundheitssystems werden: Bereits die damals vorgeblich finale Kinoregie SIDE EFFECTS deutete das klar an, UNSANE legt jetzt eine ordentliche Schippe drauf. Ihnen gemein ist allerdings ebenfalls das Aufgeblasene, Konstruierte, stur den beabsichtigten Effekt fokussierende Erzählen. Hier sogar gleich auf doppelter Ebene, wenn Soderbergh den kompletten Film mit iPhone-Kamera dreht, im Bildformat 1.56:1, inklusive anfangs spannend schräger Perspektiven, welche später gängigeren Winkeln weichen. Auf diese Weise immer ganz nah dran einerseits, zeigt Soderbergh andererseits fast spielerisch, wie professionell auch Handyvideos aussehen dürfen, entgegen der unablässigen Datenmüll-Überflutung im Netz. Inhaltlich macht er sich indes weit weniger originelle Gedanken.

Treffen wir also Karrierefrau Sawyer Valentini, ihre Selbsteinschätzung dröhnt finster: „I Never Feel Safe. Not For One Minute.“ Grund der permanenten Unsicherheit: Ein nicht übermäßig lange zurückliegendes Trauma, der geistig angeknackste David sah in Sawyer seine Traumfrau, überschüttete sie mit ungesunden Liebesattacken. Sawyer sieht David nun überall, ein normales Leben scheint unmöglich, therapeutische Hilfe nötig. Doch als sie, arbeitstechnisch unter Zeitdruck stehend, den „üblichen Papierkram“ unterschreibt, weist sie sich so freiwillig in eine höchst zwielichtige Klinik ein …

Bis dato gelingen Soderbergh große Szenen, knisternde Atmosphäre, man schaut schauspielerisch Bemerkenswertem zu – etwa der für Erstuntersuchungen zuständigen, ihre Aufgabe im eisigen, menschenabgewandten Nurse-Ratched-Modus abwickelnden Schwester Boles. Dann betritt Soderbergh aber plumpe Wege, indem er zunächst die erwähnte Attacke startet, irgendwo zwischen hanebüchen und bestens stammtischgeeignet wieder mal schnöde Profitgier um die Ecke lugt.

Weil’s derart simpel sein kann, gehören selbstredend ein paar zünftige Klischees abgehakt, gern die Gleichsetzung geistiger Störung mit komplett irrem Verhalten, hier wird folglich sofort ein benutzter Tampon zweckentfremdet. Hallo, Patientin Violet! Sawyer hingegen erlebt einen Alptraum bösester Garnitur, während sie stetig tiefer in die Fänge des gewissenlosen Klinikpersonals rutscht. Dabei Soderberghs Mittel der Wahl: 1. ein gerütteltes Maß (fünf Tote) an geradezu beiläufig zur Schau gestellter Gewalt, deren Selbstverständlichkeit etwas Unangenehmes anhaftet. Und 2. vermeintlich Grautöne auslotendes Katz-und-Maus-Opfer-und-Täter-Gerangel, dessen Anspruch letztlich jedoch Behauptung bleibt, da es allem klugen Klang zum Trotz bei genauerem Hinhören durch ziemlich flache Geistesgewässer watet. Zur generell sehr überschaubaren Spannung trägt beides nichts bei.

Soderberghs Abkehr vom Hollywood-Hochglanz mutet daher wie eine visuelle Fingerübung an, ein zu undifferenziert gebrüllter Kommentar sowie, aus cineastischer Sicht beäugt, sozusagen das Update auf EINE VERHÄNGNISVOLLE AFFÄRE 2.0 – jene Glenn-Close-Nummer hatte ja neben der Verhandlung ähnlicher Thematik schon 1987 Facetten, Raffinesse oder humane Abgründe gegen aus möglichst groben Blöcken geschnitzte Figuren getauscht. Bloß wollte Adrian Lynes im Direktvergleich psychologisch genauso unhaltbarer Kracher nie mehr sein als – irgendwie niederträchtige, latent frauenfeindliche – Unterhaltung.

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...