Originaltitel: THE BIGGEST LITTLE FARM
USA 2018, 92 min
FSK 0
Verleih: Prokino
Genre: Dokumentation
Regie: John Chester
Kinostart: 11.07.19
„Manchmal“, sinniert John Chester, „schaue ich hinauf zur Milchstraße und denke, wie komplex doch alles ist.“ Solchen philosophischen Singsang bekommen wir in seinem Dokumentarfilm über seine eigene Öko-Farm nonstop zu hören. Komplexer wird der Film dadurch leider nicht. Aber beginnen wir von vorne.
Als John immer wieder zu den Sternen blickt, auf der Suche nach Rat und Inspiration, befinden er und seine Frau Molly sich bereits mitten im größten Abenteuer ihres Lebens. Seit Jahren versuchen sie, ein trockenes, von Monokulturen zerstörtes Gelände im Hügelland nördlich von Los Angeles in ein fruchtbares Paradies zu verwandeln. Ökologische Vielfalt ist das Motto, das ihnen ihr Mentor eingepaukt hat, als er noch am Leben war. Irgendwann wird sich die Natur wieder ins Gleichgewicht bringen, alles findet an seinen Platz zurück. Und auch Hund Todd gibt seinen treuen Augenaufschlag dazu.
Selbsterfahrungsfilme haben in letzter Zeit Konjunktur. Sie ernähren sich von unseren Sehnsüchten: die Welt zu umrunden oder aufs Land zu ziehen. Sieben Jahre filmt Chester auf seiner eigenen Farm, auf der alles den Gesetzen der Nachhaltigkeit gehorcht. Doch je mehr es blüht und gedeiht, desto größer werden die Rückschläge: Kojoten, Schnecken, Dürre, Stürme ... Eine Feuersbrunst im siebten Jahr bildet den dramatischen Rahmen. Die biblischen sieben Jahre, man kann schon von einer Langzeitdokumentation sprechen, sind das größte Kapital des Films. Denn die Verwandlung wird sichtbar. Vor allem die vielen Tiere, die sich in das modellhafte Ökosystem einschleichen und integrieren, fängt Chester passioniert und mit professionellem Blick ein. Hier merkt man, daß er einen Hintergrund als Kameramann für Wild-Life-Filme hat.
Und doch ist der Film weit davon entfernt, eine authentische Erfahrung zu vermitteln. Schon deshalb, weil der Filmemacher pausenlos auf uns einredet und alles der obligatorischen You-Can-Make-It-Dramaturgie unterwirft, ohne die ein amerikanischer Film, egal, ob fiktional oder dokumentarisch, kaum noch auskommt. Alles, was nur geht, wird dramatisch zugespitzt, hauptsächlich mittels Musik. Wie das Leben der Stadt-Flüchtlinge wirklich aussieht, vermittelt sich in keinem einzigen Bild.
Aus Langeweile beginne ich irgendwann, die Dauer jeder Einstellung zu zählen. Selten komme ich über zwei Sekunden hinaus. Artenvielfalt ist toll. Aber von dokumentarischen Monokulturen sollte das Kino verschont bleiben.
[ Lars Meyer ] Im Zweifelsfall mag Lars lieber alte Filme. Seine persönlichen Klassiker: Filme von Jean-Luc Godard, Francois Truffaut, Woody Allen, Billy Wilder, Buster Keaton, Sergio Leone und diverse Western. Und zu den „Neuen“ gehören Filme von Kim Ki-Duk, Paul Thomas Anderson, Laurent Cantet, Ulrich Seidl, überhaupt Österreichisches und Skandinavisches, außerdem Dokfilme, die mit Bildern arbeiten statt mit Kommentaren. Filme zwischen den Genres. Und ganz viel mehr ...