Originaltitel: UP IN THE AIR

USA 2009, 109 min
FSK 0
Verleih: Paramount

Genre: Tragikomödie, Liebe

Darsteller: George Clooney, Vera Farmiga, Anna Kendrick, Jason Bateman, Danny McBride

Regie: Jason Reitman

Kinostart: 04.02.10

11 Bewertungen

Up In The Air

Des Widerspenstigen Zähmung

„Ich denke in Schubladen, das ist einfacher.“ So die eigene Einschätzung von Ryan Bingham. Ein Mann, der hauptberuflich Leute feuert, wenn Chefs feige den Schwanz einziehen. Ein Beziehungskrüppel mit Angst vor Bindung. Ein Möchtegern-Zyniker, dessen Lebensinhalt nur darin besteht, auf seinen unzähligen Flügen so viele Meilen wie möglich zu sammeln. Ein armes Würstchen, machen wir uns doch nichts vor.

In einer Hotelbar lernt er die mondäne und ebenfalls meilensüchtige Alex kennen, deren Lockruf lautet: „Ich bin die Frau, um die Du Dir keine Sorgen machen mußt.“ Spricht’s und hüpft mit Ryan ins nächste Bett. Wunderbar unverbindlich, das Ganze. Alles könnte demnach perfekt sein, würde nicht unvermittelt Natalie auftauchen. Die Jahrgangs-Beste hat Ryans Boß davon überzeugt, daß es doch ungleich effizienter wäre, Menschen per Internet zu kündigen. Bedeutet aus Sicht des Nomaden: keine Flüge mehr. Öder Schreibtischjob. Null Meilen. Doch vorher muß Natalie erst mal live lernen, was es heißt, jemanden rauszuschmeißen. Man geht auf Reisen und Konfrontationskurs ...

Eine fiese Kapitalismus-Satire also, könnte man berechtigt meinen, und würde dennoch die Tragweite des Films unterschätzen. Denn obgleich die Pointen im Stakkato prasseln, mit bösem Witz ganz nebenbei auch Geschlechterrollen, Standesdünkel und allerlei andere Themen angeschnitten werden, es gar eine hinreißende AMÉLIE-Reminiszenz zu bestaunen gilt, verliert das Drehbuch nie seine teilweise gar bittere Ernsthaftigkeit aus den Augen. Wenn soeben Entlassene ihren Gefühlen Luft machen, rührt das an. Entpuppt sich Natalie trotz Sprüchen wie „Machen Sie mich glücklich! Kann ich den Nächsten feuern?“ als unsicheres kleines Mädchen, gewinnt die Figur plötzlich Profil. Und obwohl es auf der Hand liegt, daß Ryan seine emotionalen Defizite überdenken wird, hetzt die Handlung nicht stur dem üblichen Happy End entgegen, sondern hat noch ein, zwei Überraschungen in petto, welche die vom nun Geläuterten angebetete Alex betreffen.

Am Schluß dieses klugen, bewegenden und trotzdem sehr witzigen Trips hat jeder der Drei sich zwar weiterentwickelt, aber gleichzeitig etwas verloren. All das muß man erst mal unter einen Hut bringen, und erneut sei voller Ehrfurcht das Skript gelobt. Bleibt eigentlich bloß noch die logische Aufforderung an das Publikum: Bitte steigen Sie ein!

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...