Musikerporträts kranken generell am Problem der Heldenverklärung. Ob man sich als Zuschauer nun IN BED WITH MADONNA vergnügte oder erst kürzlich Justin Bieber auf Tournee begleitete: Normalerweise wird immer dann hektisch weggeblendet, wenn der Star von Lichtgestalt auf Normalmensch oder – Gott behüte! – Individuum mit Macken schaltet. Deswegen gleich eine Entwarnung: Derartiges muß hier nicht befürchtet werden. Was allerdings vielleicht auch am mangelnden Bekanntheitsgrad der im Mittelpunkt stehenden Band liegt.
Selbige heißt „1000 Robota“, und sofort zu Beginn erklärt Leadsänger Anton Spielmann mal eben diesen Namen. Rhetorisch herrlich unbeholfen zudem. Spielmann, der wie seine beiden Mitstreiter noch voll im Abitur steckt, hat hehre Pläne: Groß rauskommen will man, Platten verkaufen, vor allem aber sich selbst nicht verbiegen. Das erklärt er wortreich, manchmal gar widersprüchlich, während die zwei anderen Jungs lieber schweigen. Die Rollen sind klar verteilt.
Nun folgt die Doku der aufstrebenden Band durch Höhen und Tiefen. Sie beobachtet, wie Spielmann auf dicke Hose macht, sich mit der Plattenfirma anlegt, Termine cancelt. Die Medien finden so was weniger berauschend, bald ist die Dreier-Combo als arrogant abgestempelt. Und mal ehrlich: Ganz von der Hand weisen kann man einen solchen Vorwurf kaum. Oder steckt mehr dahinter? Keine vermeintlich richtige Antwort wird vorgefertigt präsentiert, man mache sich bitte eigene Gedanken.
Und parallel dazu folgt UTOPIA LTD. den Bemühungen um ein Publikum. Rekrutierte Helfer sprechen Passanten auf der Straße an, um das Haus wenigstens partiell zu füllen. Auf einem Bürgerfest musizieren 1000 Robota vor einer Handvoll desinteressierter Menschen. „Das Musikbusiness fickt meine Seele“, kommentiert Spielmann. Vielleicht berechtigt, doch – wie einige andere Aussagen auch – überflüssig, weil pseudocool.
Das Konzept der etwas anderen Künstlerbegleitung geht somit weitgehend, aber nicht vollständig auf. Lücken entstehen durch den Habitus der Jugendlichen, es erschließt sich nur selten, wo Idealismus endet und infantiler Trotz beginnt. Interessant bleibt das Ganze dennoch bis zum Schluß, wenn eine Texteinblendung verrät: Zwei der Bandmitglieder haben sich mittlerweile ganz bürgerlich an der Uni eingeschrieben. Scheiterten die Jungs am blutsaugenden System – oder eher sich selbst?
D 2010, 90 min
Verleih: REM
Genre: Dokumentation, Musik
Regie: Sandra Trostel
Kinostart: 12.05.11
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...