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Valerie

Sozialer Abstieg streng nach Plan

Was geschieht, wenn man als Model die Schallmauer durchbricht, man bald 30 Jahre alt wird? Vielleicht nichts. Oder aber das Schlimmste, wie bei Valerie, deren Agentin ihr empfiehlt, "sich was anderes zu suchen." Geregelte Arbeit ist Valeries Sache aber kaum, und so ignoriert sie neben dem Rat ebenfalls die Tatsache, daß sie schon länger auf dem absteigenden Ast sitzt. Rechnungen häufen sich, der Kreditrahmen ist völlig ausgeschöpft. Valerie muß sogar auf dem Weg zum Casting den Taxifahrer prellen, macht aber immer noch ganz auf Grande Dame und süße Lebensart. Als das Luxushotel den insolventen Gast aus dem Zimmer wirft, nächtigt Valerie einfach in der Tiefgarage, schnorrt, betrügt und lügt sich eben durch. Keiner ihrer noblen Freunde soll von der hoffnungslosen Situation erfahren. Doch die mühsam zur Schau gestellte Fassade bröckelt allerorten.

Man muß sich fragen: Macht eine patente Hauptdarstellerin auch gleich einen gelungenen Film? An Agata Buzeks Leistung gibt es tatsächlich nichts zu bemängeln – seitens der Maskenbildnerin auf Hochglanz getrimmt, läßt sie doch Raum für so manche Charakterfalte in ihrem von Mutter Natur sorgfältig modellierten Gesicht. Buzek bereichert die generell ziemlich eindimensional angelegte Figur sowohl um beeindruckende Stärke als auch eine spürbare Tristesse, welche allerdings nie zum Jammern neigt. Leider muß sie dabei zu oft bloß die unnahbar Coole spielen. Hatte Regisseurin Birgit Möller ihrerseits Angst, in Larmoyanz abzugleiten?

In der Folge vollzieht sich Valeries Niedergang also umsichtig und wohl geordnet, mit gestrenger Präzision fügt Möller auf dem Weg ins soziale Aus eine Station zur nächsten: Hotelzimmer weg, Job weg, Geld weg. Die Gefühlsebene bleibt davon aber schlicht unberührt. In ihren stärksten Momenten kommt VALERIE zwar dem cineastischen Paten aller vor die Hunde gehenden Frauen, Amos Kollek, und speziell seinem in New York elend krepierenden Schützling SUE sehr nahe. Doch Berlin ist nun mal nicht der Big Apple, und zu wenige solcher Augenblicke sowie ein arg inkonsequentes Ende beweisen nachdrücklich, daß auch ansonsten zwischen beiden Damen Welten liegen.

D 2006, 85 min
Verleih: Zauberland

Genre: Drama

Darsteller: Agata Buzek, Devid Striesow, Birol Ünel, Ricarda Meßner, Anne Sarah Hartung

Regie: Birgit Möller

Kinostart: 24.05.07

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...