Originaltitel: VATEL
F 2000, 100 min
Verleih: Tobis
Genre: Historie, Satire
Darsteller: Gérard Depardieu, Uma Thurman, Tim Roth
Regie: Roland Joffé
Kinostart: 31.05.01
Wallende Perücken, raschelnde Kostüme und Prunk wohin man blickt - Frankreich im 17. Jahrhundert. Welche Verlockung für einen wählerischen Regisseur wie Roland Joffé, den Stachel der Satire in das rosige, gepuderte Fleisch dieser vornehmen Gesellschaft zu bohren...
Die letzte Chance des Prinzen de Condé auf Rettung seines bankrotten Schlosses Chantilly scheint der Auftrag Ludwigs des XIV. zu sein: Krieg gegen Dänemark! Für drei Tage weilt seine Hoheit, der Sonnenkönig auf Chantilly zur Entspannung, Beköstigung und zum Amüsement. Drei Tage Zeit, ihn unterschwellig zu beeinflussen, dem alternden Prinzen die letzte große Schlacht und damit seine finanzielle Rettung zu genehmigen.
Bankette, Schauspiele und üppige Dekorationen - die Fäden der Belustigung laufen bei François Vatel, dem begnadeten Haushofmeister des Prinzen, zusammen. Dieser koordiniert die pompösen Arrangements souverän, bis ihm Anne du Montausier begegnet, des Königs zauberhafte Mätresse. Natürlich will er sie aus dem Haifischbecken des Hofstaates retten, und natürlich ist er nun selbst in Not. Gérard Depardieu haucht Vatel kraftvolle Zerrissenheit ein. Er ist der Goldfisch, welchen Roland Joffé den Haien vorsetzt und die zunehmende Hilflosigkeit mit präziser Konsequenz beobachtet. Statt sich in der edlen Ausstattung zu verlieren, blickt er hinter die Kulissen, weiht uns in die Magie des Erschaffers Vatel ein.
Egal wie sie intrigieren, die Figuren im boshaften Spiel haben Charakter und Tiefe. Joffé dirigiert sein großartiges Ensemble mit Eleganz. Er schenkt jedem Darsteller wunderbare Momente, nimmt sich in der Bissigkeit dafür leider etwas zurück. Die drei Bankette dienen ihm als Stationen von Vatels Schicksal. Mit zunehmendem Tempo schließt sich die Schlinge um dessen Hals...
Das Team um Roland Joffé - vom punktgenauen Komponisten Ennio Morricone bis zum Gestalter der verführerischen Speisen Jean Rabasse - schuf ein opulentes, zeitloses Drama von pulsierendem Leben. Dies unterscheidet VATEL wohltuend von den meisten Kostümfilmen und wird dem Werk sicher mehr als einen höflichen Knicks bescheren. Ein großes Gefolge von Anhängern hat VATEL verdient, einen prallen Geldsack und untertänige Verehrung. Lang lebe Roland Joffé und sein filmischer Hofstaat!
[ Roman Klink ]