Vengo - ich komme. Dies behaupten mitunter auch Städte von sich, denen zu wünschen ist, daß sie nicht auf den Hund kommen.
Wenn einem Machista aus dem spanischen Süden das Wesentliche genommen wird, dann kommt er nicht nur auf den andalusischen Hund, er kommt auch nicht wieder zurück ins Leben. Caco ist ein solcher Machista (den wir irrtümlich als âMacho’ bezeichnen), der über allerlei Goldgeschmeide an den Handgelenken und fette Siegelringe an verfetteten Fingern verfügt. Er sieht nicht nur aus wie ein Zuhälter. Der Respekt, der ihm vom Milieu entgegengebracht wird, verleitet ihn zu müden Bemerkungen: "Du wirst auch immer häßlicher." Die alt gewordene Hure entgegnet ebenso müde: "Wer fragt dich." Jetzt, nach dem Tod seiner einzigen Tochter aber will Caco alles loswerden, zunächst seine Anteile am hiesigen Bordell. Interessiert zeigt sich jedoch nur die rivalisierende Sippe von nebenan, die nichts gegen ihn persönlich hat, aber den Tod seines spastischen Neffen fordert...
Nun, dies ist wahrlich ein rätselhafter Film, der mehr Fragen aufwirft, als er beantworten möchte. Niemand soll je erfahren, warum Cacos einziges Kind sterben mußte, warum sein Bruder zum Mörder wurde. Vom Zuschauer wird weit mehr als plumpes Interesse am Flamenco verlangt, mit dem sich der Regisseur jahrelang beschäftigte. Fern des Meeres, der Touristenzentren und auch der maurischen Architektur wird hier ein archaisches Andalusien heraufbeschworen, in dem Blutrache und Fiesta so selbstverständlich beieinander liegen wie die Facetten des Flamenco: Cante jondo, Cante chico, Soleá, Saeta...
So löblich die Wiederkehr zum ursprünglichen Flamenco ist - sämtliche Interpreten haben wenig gemein mit der bunten Tanzshow nach andalusischen Rhythmen - ein Dokumentarfilm wäre hier informativer gewesen. Caco, der im wirklichen Leben zu den besten Flamencotänzern gehört, hat im Film nichts zu lachen und zu tanzen. Er darf sich nur immer wieder bis zum Eichstrich besaufen und tut dies zumindest sehr eindrucksvoll.
Originaltitel: VENGO
F 2000, 90 min
Verleih: X Verleih
Genre: Drama, Musik
Darsteller: Antonio Canales, Orestes Villasan Rodriguez, Antonio Perez Dechent
Regie: Tony Gatlif
Kinostart: 12.07.01
[ Angela Rändel ]