Originaltitel: DENIAL

GB/USA 2016, 110 min
FSK 12
Verleih: Universum

Genre: Drama

Darsteller: Rachel Weisz, Tom Wilkinson, Timothy Spall

Regie: Mick Jackson

Kinostart: 13.04.17

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Verleugnung

Das Gewicht der Beweislast

Vor Gericht und auf hoher See sei man in Gottes Hand, sagt der Volksmund. Der schäumte in den Medien und auf öffentlichen Plätzen, als im Jahr 2000 vor dem High Court Of Justice in London ein merkwürdiger Fall verhandelt wurde. Der englische Holocaust-Leugner David Irving klagte gegen die amerikanische Holocaust-Forscherin Deborah Lipstadt. „Verleumdung“ warf der einschlägig bekannte Publizist der Professorin aus Atlanta vor. Denn Lipstadt hatte ihn in ihrem Buch „Denying The Holocaust“ der vorsätzlichen Fälschung von Fakten bezichtigt.

Eine formaljuristische Besonderheit des britischen Zivilrechts verschaffte Irving eine Bühne, auf der die historische Wahrheit nach seiner Pfeife tanzen sollte. Denn die Beweislast lag bei der Beklagten. So wurde aus einem Prozeß um Irvings verletzte Reputation als „Experte“ eine Neuverhandlung über Auschwitz, Zyklon B und Massenmord – also ein Rechtsstreit mit monströser Fallhöhe. Protokolle, Gesprächsnotizen und nicht zuletzt die in „History On Trial“ niedergeschriebenen Erinnerungen von Lipstadt liefern nun den Stoff für ein fiktionalisiertes Justizdrama, das – durchaus in der Tradition des Genres – an der Grenze zum juristischen Oberseminar, gelegentlich auch zum Hörfilm operiert. Allerdings aus guten Gründen.

Denn verfahrenstechnische Kleinstvorgänge und juristische Spitzfindigkeiten sind entscheidender Teil der Wunde, in der VERLEUGNUNG wühlt: nämlich die absurde Defensive, in die einen ein ideologisch verblendeter Faktenverdreher bringen kann, und die Übelkeit, die ein heruntergewürgter moralischer Aufschrei verursacht. Nein, die flammende Amerikanerin, die ihren britisch-unterkühlten Anwaltskolonnen sichtlich verstört gegenübersteht, muß Verzicht üben – auf die eigene verbale Schlagkraft und den Beistand durch Augenzeugen des Verbrechens, deren Würde durch Irvings selbstgefällige Unbelehrbarkeit erneut zur Disposition stünde.

Regisseur Mick Jackson dirigiert sein hochkarätig besetztes Ensemble ergebnisorientiert, bis in Ausstattungsdetails den Tatsachen verpflichtet durch Gerichtssäle und juristische Winkel. Hätte auch er sich noch konsequenter in Verzicht geübt, zum Beispiel auf die musikalischen Schnörkel, wäre ihm ungeteilte Hochachtung gewiß. Und man könnte getrost verschweigen, daß sein wohl bekanntestes Werk die singfreudige Kriminalromanze BODYGUARD ist.

[ Sylvia Görke ]