Satire darf bekanntlich alles, im besten Fall echt weh tun. Gute Voraussetzungen sind da politische Unkorrektheiten, und wahrhaft – man liest gern, worum sich die vorliegende Handlung dreht. Nämlich das fiktive Land Taboulistan, von dessen Existenz keiner je hörte. Zwecks Generierung von Aufmerksamkeit greift der dortige Diktator entschlossen durch, läßt zwei Selbstmord-attentäter ausbilden und schickt sie nach Paris. Das hehre Ziel soll sein, den Eiffelturm gen Himmel zu jagen. Allein, es bleibt erahnbar: Die beiden Terroristen schlittern nicht der Auftragserfüllung, sondern ihrer persönlichen Katastrophe aus Liebe, Lüge und Leidenschaft entgegen.
Was per se einigermaßen böse klingt und tatsächlich hätte sein können, provoziert indes todsicher keinen Skandal, ja, nicht mal ein warmes Protestlüftchen dürfte verschämt durchs Feuilleton dümpeln. Ganz simpel deshalb, weil die Komik viel zu banal bleibt, um auch bloß halbwegs aufzustacheln. Wenn beispielsweise Frauen ständig so richtig eine reingedonnert wird, daß der – klar – Damenbart alle Haare einbüßt, mag sich der eine oder andere Zuschauer bestimmt weggrölen. Beim gefühlt 13. Mal ist dann jedoch wohl selbst für den besonders renitenten Kerl Schluß mit lustig und angesagt, was hier mal früher, mal später aufpoppt, aber unter Garantie jeden ereilt: die Fremdscham.
Sollte es der Sonderangebotshumor nicht richten, dann vielleicht die furchtbaren Darsteller oder eine lärmende Synchronisation. Entgeistertes Kopfpatschen angesichts ausgesucht unästhetischer Nacktheit am FKK-Strand, die einiges über des Regisseurs Menschenbild zu verraten scheint. Oder eher der Ärger, wie das Blumenduett aus Delibes’ „Lakmé“ total verhunzt wird? Das pathetische Finale, welches lauten Bauchbrüll-Kuschelkurs statt echter Brisanz krönt? Ganz allgemeines Unverständnis, daß unsere französischen Nachbarn, sonst für Qualitätskino bekannt, auf ein derart niederes Niveau herabsinken konnten? Eigentlich irrelevant, man suche sich das Passende aus.
Trotzdem rufen wir ein dickes „Chapeau!“ quer durch den lachfreien Raum – nicht nur hirngeweicht wegen der krachledernen Titelerweiterung, sondern gleichermaßen dafür, VIVE LA FRANCE offiziell mit Monty Python, den Marx Brothers sowie WILLKOMMEN BEI DEN SCH’TIS zu vergleichen. Derart viel Arsch muß man, gegensätzlich zum Film, erst mal in der Hose haben!
Originaltitel: VIVE LA FRANCE
F 2013, 94 min
FSK 12
Verleih: Polyband
Genre: Klamotte
Darsteller: José Garcia, Michaël Youn, Isabelle Funaro
Regie: Michaël Youn
Kinostart: 31.10.13
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...