Originaltitel: THAT SUGAR FILM
Australien 2014, 102 min
FSK 0
Verleih: Universum
Genre: Dokumentation
Regie: Damon Gameau
Kinostart: 29.10.15
Der Australier Damon Gameau ist auf einer Mission: Er entlarvt Zucker als Auslöser für allerlei Zivilisationskrankheiten. Dafür unterzieht er sich ähnlich wie Morgan Spurlock in SUPER SIZE ME einem radikalen Selbstexperiment. Gameau, der sich sonst ziemlich zuckerfrei ernährt, führt sich über 60 Tage lang 40 Teelöffel Zucker täglich zu, und zwar in Form vermeintlich gesunder Lebensmittel wie Müsli, Fruchtsäfte oder Joghurt. Das entspricht laut Film in etwa dem Durchschnittskonsum australischer Teenager. Offensichtlich zuckerhaltige Nahrung wie Softdrinks, Eis oder Schokolade vermeidet Gameau, der in VOLL VERZUCKERT Drehbuchschreiber, Regisseur und Protagonist in Personalunion ist. Das Ganze wird von Experten überwacht und dokumentiert.
Wie bei solcher Versuchsanordnung zu erwarten, stellen sich bei Gameau drastische negative Effekte ein, von denen die Gewichtszunahme noch das geringste Übel ist. Interessant für den Zuschauer ist Gameaus Film weniger aufgrund seines erwartbaren inhaltlichen Ergebnisses als wegen seiner Machart. Ganz im Stile des Urvaters der „Missionsdoku“ Michael Moore setzt der Regisseur in erster Linie auf die Unterhaltung des Zuschauers. Es gibt keine langweiligen Talking Heads vor dröger Kulisse, stattdessen werden die Wissenschaftler als Superhelden inszeniert. In anderen Szenen legt sich Gameau als „Mister Sugar“ mit einer bunten und im wahrsten Sinne überkandidelten Show ins Zeug. Und seine Familie samt dem erwarteten Baby ist natürlich auch Teil des Films. Damit hat er in seiner Heimat offenbar einen Nerv getroffen. Das Presseheft verlautet, VOLL VERZUCKERT sei die „ ... erfolgreichste Doku Australiens aller Zeiten.“
Doch wer schaut sich solche Filme an? Der Verdacht liegt nahe, daß es vor allem Leute sind, die sich in ihrer Lebensweise bestätigt sehen wollen. So gibt es immer wieder Einblendungen von übergewichtigen Menschen, die gerade Süßigkeiten essen. Der Protagonist dagegen ist ein schlanker, weißer Typ. Sind die Dicken also selbst schuld? Oder ist es die böse Zuckerindustrie?
VOLL VERZUCKERT ist weniger ein Film als ein Feldzug mit verschwörungstheoretischen Anklängen, der einherkommt mit Website, Blog, Begleitbuch, App, Unterrichtsmaterialien sowie Spendenaufforderung an diverse Organisationen. Diese etwas zu bittere Aufklärungs- und Verkaufsmedizin kann frei nach Mary Poppins nur mit einem Löffelchen Zucker ertragen werden.
[ Dörthe Gromes ]