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Vom Westen unberührt

Hinter dem Horizont geht’s weiter

Zu Beginn des letzten Jahrhunderts: Alifa überlebt als Einziger den Überfall auf seinen Stamm. Ein kleiner Junge inmitten unendlicher Wüstenweite, zum Tode verurteilt. Doch das Wunder geschieht, Jäger adoptieren Alifa und ziehen ihn auf. 20 Jahre später ist er gleichzeitig den Sitten angepaßt und trotzdem anders. Als die Nomaden wegen erneuter Attacken stetig tiefer in die Sahara fliehen, wächst des jungen Mannes Unzufriedenheit. Haß auf die Eroberer verbindet sich mit dem Wunsch nach Vergeltung sowie tiefer Sehnsucht – Alifa will nicht mehr tatenlos der Kolonisation unterworfen sein und außerdem zurück zum Heimatcamp.

Rätselhaft könnte man ihn nennen, vielleicht plakativ oder idealisierend. Dennoch bringt der Titel den Film präzise auf den Punkt, da von Menschen erzählt wird, welche mit der abendländischen Hemisphäre nicht im geringsten verbunden sind. Obwohl die zugrunde liegenden Themen universell erscheinen – man muß schließlich nicht VOM WESTEN UNBERÜHRT sein, um innere Einsamkeit zu empfinden, sich nicht dazugehörig zu fühlen, ruhelos durch das Leben zu taumeln –, ist es die Form, welche dieses Werk so einzigartig macht.

Regisseur Depardon, weltberühmter Fotograf, taucht seine Geschichte eines fremdartigen Schicksals in scharfkantige und reine Schwarzweiß-Bilder von selten zuvor erblickter Schönheit. Die Natur gerät zum heimlichen Hauptdarsteller, wenn der Wind Dünen aufwirbelt, Sandstürme niedergehen, oder sich die Kamera Zeit nimmt, auf einer abgemagerten Hündin zu verweilen. Zudem sehen wir, die "Anderen", immer wieder einfach nur das blendende Weiß der Wüste, rein und frei wie die Sprache der Nomaden, ihre Würde, aber auch Melancholie.

Ein zwar pittoresker, die heimelige "Schau mal an!"-Urlaubsprospekt-Attitüde indes konsequent umgehender Film, der oftmals den Zugang verweigert und zusätzlich mit Off-Kommentaren á la "Manchmal ist sogar der Feind ein willkommener Anblick" ebenso fordert wie fasziniert. Dabei gibt es sogar etwas zu gewinnen – die Sicht für’s Wesentliche nämlich.

Originaltitel: UN HOMME SANS L’OCCIDENT

F 2002, 105 min
Verleih: Pegasos

Genre: Drama

Darsteller: Ali Hamit, Wodji Quardougou, Hassan Yoskoi

Regie: Raymond Depardon

Kinostart: 11.12.03

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...