Originaltitel: VOX LUX
USA 2018, 115 min
FSK 12
Verleih: Kinostar
Genre: Drama, Musik
Darsteller: Natalie Portman, Jude Law, Stacy Martin
Regie: Brady Corbet
Kinostart: 25.07.19
1999: Teenager Celeste überlebt knapp ein Massaker an ihrer Schule; darauf schreibt das Mädel ein Lied und trägt es öffentlich vor. Da es sich um eine Mein-Schmerz-ist-auch-Deiner-Scheinheiligkeit handelt, die heutzutage Castingshows dem danach gierenden, mainstreamzugewandten Publikum oft als „Powerballade“ unterjubeln, gerät das Ding zum Superhit, aus Celeste explodiert ein Megastar.
Jenen verkörpert dann Jahre und vielerlei Unbill später Natalie Portman dermaßen ungebremst, daß man regelrechte Angstschübe spürt: Vergaß die Aktrice plötzlich alles je über differenzierte Schauspielkunst Gelernte? Müssen wir uns zukünftig immer auf gellendes Gekreisch und Geheul, lächerliche Akzente sowie albernes Rumfuchteln einstellen? Schafft vielleicht bloß noch der mitgereiste Privat-Veterinär beruhigende Abhilfe? Derlei finsteren Vorstellungen hingegeben, schreckt auch die Figurenentwicklung rechtschaffener Billigkeit kaum mehr. Natürlich hat das Showbiz, diese ihre eigenen Kinder regelmäßig zum Frühstück, Mittag und Abendbrot fressende Monstermutter, Celeste einmal von oben nach unten breiig gekaut und als veritable Bitch wieder ausgespuckt. Könnte fieser Mediensatire den bestenfalls zum Wegglitschen zwingenden Boden bereiten – dürften die Mimen statt lauwarmer Luft knackige Dialoge sprechen, während Plattheit das Mittel der erzählerischen Wahl stellt.
Geschickt getarnt indes, wenn sie durch beiläufigen 9/11-Verweis Celestes Unschuldsverlust dem einer ganzen Nation gleichsetzt, einen weiteren Terrorakt für Handlungszwecke instrumentalisiert. Doch so ambitioniert VOX LUX äußerlich wirkt, Willem Dafoes Off-Kommentar zum intellektuellen Raunen eindampft, beim Ausloten optischer Grenzen einen umgekehrten Vorspann den Anfang vom Ende ahnen läßt, Nachwuchsmimin Raffey Cassidy locker doppelt besetzt – innen gärt trotzdem Versagen. Der wohl intendierte Seelenstriptease bleibt gespreizte Nabelschau, die Gesellschaftsobduktion versackt in grober Aufschneiderei, und als eitles Selbstporträt von Protagonistin und Regisseur funkelt, was gern glanzlose, weil total düstere, Charakterstudie sein mag.
Am Ende findet Portman schier kein Ende darin, dürren Elektro-Sound zu vertanzen, parallel richten Einblendungen wie „Baby avec Cash“ den Zeigefinger aufs Offensichtliche. Der Rest ist nur leeren Gedankenraum ausfüllende Stille. Gnädig, endlich.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...