Welche Rolle spielen Nationalsozialismus und die Vergangenheit heute im Leben junger Deutscher und junger Israelis? So könnte die Frage des Regisseurs Eytan Fox gelautet haben, als er sich an seinen neuen Film machte. Die Betonung liegt auf dem Konjunktiv "könnte", denn Fox hat sich mit WALK ON WATER allerhand vorgenommen, und das war schlichtweg zu viel. Zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen Personen und zwischen Orten sucht der Film seine Geschichte, findet etliche Ideen und kann sich nicht entscheiden, wovon er erzählen will.
Am Anfang steht die Ermordung eines Top-Terroristen. Dieser wird von dem Mossad-Agenten Eyal niedergestreckt. Dieser Erfolg ist kaum anständig begossen, da muß Eyal erneut los. Diesmal soll er einen gewissen Alfred Himmelmann ausfindig machen, einen greisen Ex-Nazi, der in Argentinien untergetaucht war und plötzlich verschwunden ist. Widerwillig, weil er glaubt, Himmelmann sei längst tot, dient sich Eyal als Touristenführer dem Enkelsohn des Gesuchten, Alex, an. Dieser nämlich besucht gerade seine Schwester, die in einem Kibbuz lebt. Alex soll sie überreden, mit ihm nach Berlin zu kommen, um an der Party zum 70. Geburtstag des Vaters teilzunehmen. Aber sie weigert sich. Sie erzählt Alex, daß der tot geglaubte Großvater noch lebt ... Reicht das? Nein, es reicht nicht. Eyal - dessen Lebensgefährtin inzwischen Selbstmord begangen hat - freundet sich am Ufer des Sees Genezareth mit Alex an, und am Ende muß er nach Deutschland, um im Auftrag seines Chefs der göttlichen Gerechtigkeit zuvorzukommen ...
Ehrlich, das war längst noch nicht alles. Alex - Überraschung! - ist homosexuell und flirtet mit einem Palästinenser, während Eyal noch überlegt ... aber es sollte genug sein. Regisseur Fox hat sich sehr ambitioniert abgerackert und so ziemlich alles mal angedeutet. Darum kommt auch alles zu kurz. Am Ende bleiben eine Menge Klischees und der Eindruck, dies hätte der Pilotfilm zu einer Serie werden sollen. Von der Qualität der Dialoge schweigt man besser, und der Soundtrack vibriert Emotionen heischend vor sich hin - ermutigt durch Songs von Esther Ofarim und Bruce Springsteen. Auch Israels Topstar Lior Ashkenazi als Eyal kann’s in diesem vergeblichen Road-Movie nicht rausreißen - beim WALK ON WATER sieht keiner Land.
Originaltitel: LALECET AL HAMAIM
Israel 2004, 104 min
Verleih: Arsenal
Genre: Polit, Drama, Schwul-Lesbisch
Darsteller: Lior Ashkenazi, Knut Berger, Caroline Peters
Regie: Eytan Fox
Kinostart: 23.06.05
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.