Originaltitel: ADIEU LES CONS
F 2020, 87 min
FSK 16
Verleih: Happy Entertainment
Genre: Tragikomödie
Darsteller: Virginie Efira, Albert Dupontel, Jackie Berroyer, Catherine Davenier
Regie: Albert Dupontel
Kinostart: 20.10.22
„Ich sterbe an zu vielen Dauerwellen.“ Friseurin Suze hustet Blut, während in ihr eine Autoimmunerkrankung wütet. Auslöser war Haarspray, wie der zu schlechten Metaphern und üblen Sprüchen neigende Arzt erklärt. Jetzt gilt es, schnellstmöglich den als 15jähriger Backfisch auf elterlichen Druck zur Adoption freigegebenen Sohn ausfindig zu machen. Wobei: „Ich trete in sein Leben, um meinen Tod anzukündigen?!“ Kommt wohl leider so, vorerst fügt Suze dem persönlichen Strafregister allerdings Raub, Kidnapping und Erpressung hinzu.
Opfer sämtlicher genannter Vergehen ist IT-Experte JB, ein einsamer Nerd, dessen Maß eben überlief, was im Suizidversuch mündet. Jener streckt indes – pardon, keine Absicht! – bloß einen empathiebefreiten Amtsschimmel nieder, alarmiert damit Polizei und Innenminister. Den Chaostrupp komplettiert schließlich Monsieur Blin, ein blinder Archivar und von seiner Firma in lichtlose Kellergewölbe abgeschobenes Behindertenquotenerfüllsel, voller Tatendrang.
Obgleich sich die französische Kritik angewidert abwandte und Lockdown herrschte, fand die Außenseitersaga über zwei Millionen Zuschauer – und zwar absolut verdient. Weil Albert Dupontel in hauptdarstellender und Regie führender Doppelfunktion auch andernorts stets Dualität wahrt: Sicher mögen tiefschwarze Seelenschatten seine Figuren verdunkeln, trotzdem umstrahlt sie beim Stolpern durch die regelrecht sehnsüchtig inszenierte Nacht doch immer goldener Schimmer. Ein Bein in der bitteren Tragödie, das andere in irrsinniger Komik, vorangetrieben von ineinandergreifenden Absurditäten. Mittendrin streift Dupontel eine Liebe, an deren Hingabe selbst Alzheimer nix rütteln konnte; nur ganz leicht, ein Gesichtsvergleich via Foto aus besseren Zeiten, ein vernuscheltes Wort, die ultimative Berührung.
Es scheint, als wolle er einer kafkaesken, von humanitär unbefähigten Obrigkeiten niedergewirtschafteten, an BRAZIL gemahnenden Welt (passend dazu kann, wer scharf hinsieht, Terry Gilliam entdecken) Hoffnung abringen, ein „Alles wird gut …“ Was für Suze und JB natürlich lediglich schöne Illusion bleiben muß. Dennoch darf die Todgeweihte vorher wenigstens ein einziges Mal Mutter sein – und schon allein dafür, diese Szene einfach zu übergehen, sollten sich die mißmutigen französischen Kritikerkollegen schämen.
[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...