Liebe, das doch höchste Gut des Menschen, wird vom selbigen verraten, zum Jahrmarktklamauk verschwendet, mit Schweinsfüßen getreten. Es ist eine bittere Erkenntnis, die Paul und Günther erlangen, in dieser schon oft und im Nachgang meist lyrisch verklärten Zeit der 20er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, ach machen wir’s größer, schließlich geht es auch um das Absolute in Achim von Borries zweiter Regiearbeit, also: der 20er Jahre des verflossenen Jahrtausends.
Paul verlangt’s nach der aufreizenden Hilde, der Schwester seines Busenfreundes Günther, dem wiederum das Herz wild und blutig gen Hansemann klopft, der sich jedoch alle Türen offen hält, denn: gefummelt wird mit Günther, gevögelt dann doch eher mit Hildchen. Klar, daß da noch ein dummes, kleines Entchen verzweifelt daneben stehen muß: das ist dann die puttige Elli, die sich - damit man’s hinter sich hat - dem Paul mal einfach so hingibt.
Puuh, und da Tobak nie stark genug sein kann, schworen sich Günther und Paul einst bei gutem Weine und ernster Miene, eher zu sterben, als in einer trüben Liebespfütze leidend zu ertrinken. Und so kommt es dann auch zur unvermeidlichen Katastrophe ...
Bedeutungsschwangere Blicke, goldstreifende Weizenfelder und große Gesten mögen von Borries passabel durchgegangen sein, für einen gelungenen Film reichen sie kaum. So verlieren sich seine leidenden Helden in Gelbfilter und erstarrten Posen, mitunter streift sie der Ruch der Lächerlichkeit, und damit nimmt er dem doch grundsätzlich ernstzunehmenden Habitus von Paul und Günther den letzten Pfeffer. Es wird über den Sinn aufopfernder Liebe so viel gedröhnt und gedeutet, bis man’s gar nicht mehr wissen will. Nahezu jede Szene scheint schwermutbesoffen. Zu den Darstellern noch ein Wort: Paul wird von Daniel Brühl so gespielt, wie er es immer macht: mit großen Augen, einer kleinen Prise pubertären Zorns und der über allem schwebenden Güte. Das ist nicht falsch, richtig mitreißend aber auch nicht.
Hingegen der nun mit haferblonder Stirn versehene August Diehl: er gibt den geschaßten Liebesanbeter mit echter Inbrunst, er spielt ihn traurig, exzessiv, bedingungslos, in verzweifelter Unruhe, mit bebenden Nüstern und brennendem Herzen. Er ist tatsächlich der beste unserer jungen Mimen. Ach August, ach August, ist gottlob nur ein Film, denn jedes Leid bleibe Dir erspart. Und zum Regisseur: Was nützt der Film in Gedanken?
D 2003, 90 min
Verleih: X Verleih
Genre: Drama, Liebe, Schwul-Lesbisch
Darsteller: August Diehl, Daniel Brühl, Anna Maria Mühe, Jana Pallaske
Regie: Achim von Borries
Kinostart: 12.02.04
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.