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Weit

Was bleibt von einer langen Reise?

Einmal die Weltkarte auf der Horizontalen durchschreiten. Gwen und Patrick wollen so sparsam wie möglich die Welt umrunden, angetrieben vom ewigen Wunsch nach Freiheit und Einfachheit. Über den Osten nach Westen: Ohne Flugzeug, dafür trampen, laufen und schippern die beiden durch den Balkan nach Rußland, durch Kasachstan nach Zentralasien, Georgien, über den Iran zum Traumziel Indien, immer weiter, bis sie vom rechten Rand der Weltkarte fallen und auf der linken Seite weiterreisen.

WEIT funktioniert als dokumentarischer Reisebericht, wir sitzen mit den beiden in klapprigen Autos und ausgeschmückten Bussen, liegen in schneeverwehten Nächten im Zelt und lauschen georgischer Folklore-Musik. Im Wechsel berichten sie aus dem Off, geben Vor- und Rückgriffe, das hält Spannung aufrecht. Erfahrung löst Phantasie ab – diese Poesie legt sich wie ein Mantra über die Reise. So überraschend erkenntnisreich sind die gewonnenen Erfahrungen dann jedoch nicht, wenn sie zeigen, daß auch an vermeintlich gefährlichen Orten helfende und offenherzige Menschen die Vorurteile über Länder und Regionen aufbrechen können.

Kritische Themen können im Film nur kurz angeschnitten werden. Dabei werden schwierige Orte nicht umgangen, so müssen die zwei mit Begleitschutz durch Pakistan und an jedem Checkpoint mit Gewehr in der Hand Selfies von sich schießen lassen. Große Krisen klammert WEIT aus. Wird die laute Stadt zu viel, ziehen sich die beiden in eine begrünte Idylle zurück. Und das ewige Warten auf die Reparatur des obligatorischen alten VW-Busses bleibt ein kleiner Wermutstropfen, wird man doch in zwei Stunden Film mit unzähligen Aussichten auf herrliche Landstriche unerschlossener Gegenden und eindrücklichen Porträts von neuen Bekannten belohnt. Die Reise wirkt erstaunlich leichtfüßig und durchaus machbar – solange man die Hoffnung nicht verliert. Und so verliert sich WEIT etwas im Pathos vom „Weg als Ziel“ und der schönen, bunten Welt, die es zu erkunden gilt. Bis plötzlich ein einschneidendes Lebensereignis in den Reisealltag der beiden einbricht.

So richtig nah kommen wir jedoch weder den Reisenden, noch ihren Wegbegleitern. Wir folgen dem vorgegebenen Konzept einer Reise, die mit Umwegen und Stops dort enden soll, wo sie begann, und genießen im Reisefieber die kleinen Momente des Glücks auf dem Weg durch über 20 Länder in dreieinhalb Jahren. Spannend wäre gewesen, mehr hinter die Kulissen blicken zu dürfen, wie sich die Produktion eines Dokumentarfilms über einen so langen Weg und Zeitraum gestaltet.

D 2013-2017, 127 min
FSK 0
Verleih: Eigenverleih

Genre: Dokumentation

Regie: Patrick Allgaier, Gwendolyn Weisser

Kinostart: 01.06.17

[ Katharina Wittmann ]