Am Ende dieses Tages, von dem der Film erzählt, werden die beiden jungen Männer, Till und Karsten, einen Obdachlosen ausrauben wollen, und nachdem sie nichts finden bei ihm, werden sie ihn mißhandeln und schließlich mit Hochprozentigem übergießen und anzünden.
Christian Klandt, mit WELTSTADT kommt sein Langfilmdebüt in die Kinos, ist ebenso wie der Kameramann René Gorski in Beeskow, Brandenburg, aufgewachsen, und beider beschauliches Heimatstädtchen erlangte 2004 traurige Aufmerksamkeit in den Schlagzeilen – in einer Juninacht geschah das Schreckliche, nun Thema ihres Films. Im Jahr dieser Tat begann Tamara Milosevic gerade ihren dokumentarischen Debütfilm über den Mordfall im brandenburgischen Potzlow, bei dem ein 16jähriger von Jugendlichen getötet wurde und der inzwischen zwei Jahre zurücklag – ZUR FALSCHEN ZEIT AM FALSCHEN ORT (2005 im Kino). Jene Tat war auch Anlaß für Andres Veiels Theaterstück DER KICK (2005), dem später eine Verfilmung folgte, und nun – was die Fälle sowie ihre Verarbeitung als Filmstoff verbindet, und was sie unterscheidet, wäre eine besondere Betrachtung wert – erzählt der HFF-Absolvent Klandt neuerlich vom Übertreten der Gewalthemmschwelle bei Jugendlichen, allerdings fiktionalisiert er die Handlung.
Seine WELTSTADT ist ein bewußt namenlos bleibendes und doch wegen der baulichen Wahrzeichen leicht als Beeskow zu identifizierendes Städtchen, die Geschichte ist in die kalte Jahreszeit verlagert, und es sind insgesamt fünf Protagonisten, die er, Gus van Sants ELEPHANT erinnernd, an eben jenem Tag beobachtet, der mit dem brutalen Überfall enden wird. WELTSTADT will Generationen übergreifend erzählen, wiederkehrend sind so zum Beispiel Parallelmontagen von Szenen mit den beiden Hauptfiguren und solchen mit einem älteren Imbißbudenbesitzer.
Ein Gesamtporträt kleinstädtischer Befindlichkeit zeichnen zu wollen, birgt aber die Gefahr zu vieler Klischees, und eben dort liegt die Schwäche des sonst beachtlichen Debüts – allzu deutlich hantiert es mit Metaphern und Symbolik. Nicht zuletzt wegen des starken Darstellerduos Florian Bartholomäi und Gerdy Zint in den Rollen von Till und Karsten hätte es subtiler ausfallen können. Als Momentaufnahme des Gesellschaftszustandes in all diesen „Weltstädten“ hierzulande hätte es nichts eingebüßt.
D 2008, 104 min
Verleih: X Verleih
Genre: Dokumentation, Drama
Darsteller: Florian Bartholomäi, Gerdy Zint, Karoline Schuch
Regie: Christian Klandt
Kinostart: 12.11.09
[ Jane Wegewitz ] Für Jane ist das Kino ein Ort der Ideen, ein Haus der Filmkunst, die in „Licht-Schrift“ von solchen schreibt. Früh lehrten sie dies Arbeiten von Georges Méliès, Friedrich W. Murnau, Marcel Duchamp und Man Ray, Henri-Georges Clouzot, Jean-Luc Godard, Sidney Lumet, Andrei A. Tarkowski, Ingmar Bergman, Sergio Leone, Rainer W. Fassbinder, Margarethe v. Trotta, Aki Kaurismäki und Helke Misselwitz. Letzte nachhaltige Kinoerlebnisse verdankt Jane Gus Van Sant, Jim Jarmusch, Jeff Nichols, Ulrich Seidl, James Benning, Béla Tarr, Volker Koepp, Hubert Sauper, Nikolaus Geyrhalter, Thierry Michel, Christian Petzold und Kim Ki-duk.