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Wer ist Hanna?

Die alte Schule des Killer-Thriller

Wenn man von den großen Actionfilmen der 80er spricht, dann denken die meisten verständlicherweise an Stallone, Schwarzenegger und Willis. Aber ohne die genialen Lichtblicke der Superstar-Sparte diskreditieren zu wollen, die 80er hatten im Actionsegment weiß Gott mehr zu bieten als Testosteronbolzen im Alleingang gegen Armeen im Zeichen des Kalten Krieges. Vor allem Frankreich und Hongkong zeigten spätestens in jenem Jahrzehnt, daß Hollywood die gelungene Genreware nicht für sich allein gepachtet hat, und man gewann mit gewagten Hauptfiguren und abgefahrenen Stories ein weltweites Publikum. In den Streifen aus Fernost und dem famosen Filmland von nebenan war auffällig, daß im Gegensatz zu den Muskelmännern aus Hollywood, die immer einen moralisch einigermaßen vertretbaren Grund zum Murksen haben mußten, die Berufsmörder plötzlich die Helden der bleihaltigen Geschichten waren. THE KILLER, DER PROFI, NIKITA – sie alle wurden zu Meilensteinen, trotz oder gerade wegen ihrer eiskalten und doch so menschlichen Meister des Tötens in ihrem Zentrum.

Bei Joe Wrights Killermär WER IST HANNA? fühlt man sich zwangsläufig in diese spannende Zeit des Actionkinos zurückversetzt. Das ist einerseits ein Kompliment, denn so kompromißlos überdreht und versessen auf echtes Kinovergnügen muß man einen Film heutzutage erst einmal gemacht bekommen. Der Wermutstropfen des Ganzen ist, daß auch in Sachen Logiklöcher und inhaltlicher Ungereimtheiten gar nicht erst versucht wurde, die erwähnten Neoklassiker zu übertreffen. Denn die Geschichte von Hanna, einem Mädchen, welches das Töten im Blut und bald alle Geheimdienste der Welt an ihren Fersen hat, schwächelt schon im ersten Akt, wo Hannas Vater, ein untergetauchter CIA-Agent, nichts mehr will, als seine Tochter vor der skrupellosen Geheimdienstleiterin Marissa Wiegler zu schützen, nur um Wiegler dann unverständlicherweise selbst auf Hannas Spur zu führen.

Wenn man von diesen kleinen Storyproblemen absieht, kann man an diesem Film sehr viel Spaß haben. Ein ausgezeichneter Cast, mehr spektakuläre Schauplatzwechsel als im letzten Bond, solide Action und messerscharfe Dialoge sind nur einige der Qualitäten des Thrillers. Auch wenn eine wasserdichte Geschichte nicht dazugehört, eine Kinokarte ist dieser kurzweilige Killer-Reigen der alten Schule allemal wert.

[ Paul Salisbury ] Paul mag vor allem Filme, die von einem Genre ausgehen und bei etwas Neuem ankommen. Dabei steht er vor allem auf Gangsterfilme, Western, Satire und Thriller, gern aus der Hand von Billy Wilder, Sam Peckinpah, Steven Soderbergh, Jim Jarmusch, den Coen-Brüdern oder Paul Thomas Anderson. Zu Pauls All-Time-Favs gehören DIE GLORREICHEN SIEBEN, TAXI DRIVER, ASPHALT COWBOY, SUNSET BOULEVARD, POINT BLANK ...