Sie war mit dem verstorbenen Künstler Jörg Immendorff verheiratet und hat längst selbst einen großen Namen in der Kunstszene: Oda Jaune. Aber wer ist diese Frau, die riesige Fleischberge malt und ineinander verschlungene Körper? Auf deren Bildern sich wilde Tiere zerfleischen oder nackte Brüste thronen?
Ein Dokumentarfilm soll die Frage beantworten. Zwei Jahre dauert es, bis die Regisseurin Kamilla Pfeffer Oda Jaune von dem Filmprojekt überzeugt. Dann drehen sie fast ausschließlich in ihrem Pariser Atelier. Ein weiteres Eindringen in ihr Leben läßt die 36jährige nicht zu. Jaune thematisiert von Anfang an, daß sie die Kamera eher als störend empfindet. Jaune sucht kein Rampenlicht. Und sie braucht keins. Ihre Bilder hängen längst in den Häusern renommierter Sammler, auch die kommen im Film zu Wort. Welchen Preis sie allerdings wirklich auf dem Kunstmarkt erzielen, erfährt man nicht.
Überhaupt bleibt vieles im Dunkeln, was die Frau angeht, die mit 17 Jahren aus Bulgarien nach Deutschland kam und eigentlich Michaela Danowska heißt. Im Film erzählt sie, wie Jörg Immendorff ihr einen Paß schenkte mit einem neuen, ganz eigenen Namen. Es ist eine der wenigen Stellen, in denen sie Einblicke in ihre Biographie gewährt. Ein anderes Mal erinnert sie sich, wie sie im Atelier des Vaters zur Malerei fand. Das sind die eindringlicheren Momente im Film.
Meist inszeniert die Regisseurin Jaune vor einer schwarzen Wand und befragt sie über die Entstehung ihrer Kunst und die Heimat ihrer Seele. Jaune antwortet kurz und poetisch, manchmal scheint es, als kokettiere sie, so zart und zerbrechlich wirkt sie nach außen. Dabei ist ihre Kunst alles andere als zurückhaltend, sondern „laut“, wie Künstlerkollege Jonathan Meese bestätigt. Zwischendurch sieht man immer wieder ihre Bilder, die beeindrucken und verstören und in jene tieferen Schichten des Menschseins vordringen, zu denen nicht jeder Zutritt hat.
WER IST ODA JAUNE? ist ein sinnlicher Film, der die Grenze zum Privaten nicht überschreitet. Das ist angenehm unaufdringlich. Es genügt schon, die Künstlerin zu beobachten, wenn sie fast kontemplativ mit breiten Pinseln die Farbe auf den Leinwänden verteilt. Sie wirkt wie ein Fabelwesen, das sich hierher verirrt hat und nun von seiner eigenen Welt erzählt, deren Rätsel wir noch zu lösen versuchen, wenn der Film schon längst zu Ende ist.
D 2016, 75 min
FSK 0
Verleih: Real Fiction
Genre: Dokumentation, Biographie
Regie: Kamilla Pfeffer
Kinostart: 23.06.16
[ Claudia Euen ]