D 2017, 188 min
FSK 12
Verleih: Disney
Genre: Biographie, Drama, Historie
Darsteller: Tom Schilling, Sebastian Koch, Paula Beer, Oliver Masucci, Hanno Koffler, Jörg Schüttauf, Lars Eidinger
Regie: Florian Henckel von Donnersmarck
Kinostart: 04.10.18
Oh, diese armen wahren Begebenheiten! Sie können sich kaum dagegen wehren, als Beleg vorgezeigt zu werden. Sich auf sie zu berufen, gilt als Ausweis äußerster Solidität – auch wenn sich inzwischen herumgesprochen haben dürfte, daß faktische Überprüfbarkeit sympathisch, aber nicht unbedingt eine kinematographische Kategorie ist. Aber was heißt hier faktisch? 2006 kam mit DAS LEBEN DER ANDEREN Florian Henckel von Donnersmarcks Langfilmdebüt ins Kino, das eine fiktive Ost-West-Wahrheit setzte respektive Vorbildern nachbildete und zum Erfolg avancierte. Mit WERK OHNE AUTOR führt der Filmemacher nun seine Obsession fürs Deutsch-Deutsche weiter. Seinen Hang zur großen, manchmal übergroßen Geste auch.
Er widmet sich dem fiktiven Künstler Kurt Barnert, schickt ihn als Kind mit der Tante in die Diffamierausstellung „Entartete Kunst“ und beschert ihm dort ein kreatives Erweckungserlebnis. Die psychisch auffällige Tante wird umkommen, aussortiert von stramm-braunen Eugenikern. Einem von ihnen begegnet Kurt in den Nachkriegsjahren wieder. Inzwischen Student der Malerei an der Dresdner Kunstakademie, verliebt er sich unsterblich in Ellie, die Tochter des Gynäkologen Professor Seebald. Die Liebe, in diesem Fall die zur Kunst, zieht das junge Paar in den Westen. An der Düsseldorfer Kunstakademie studiert Kurt weiter: bei Professor Antonius van Verten, dem bekannten Fettecken-Fetischisten mit Hut, Sie wissen schon.
Sie wissen nicht? Das könnte an Henckel von Donnersmarcks reichlich gespreiztem Konzept eines Biopics liegen, das er keinesfalls als Biopic verstanden wissen will, aber vom Namedropping doch nicht lassen kann. Also entwickelt er eine Art referentielles Flüstern, das die Paten seines Berühmtheiten-Stadels nennt, ohne sie auszusprechen. Aus dem Verfremdungs- und Entklärungsmaler Gerhard Richter macht er Kurt Barnert, aus dem Nagelbildner Günther Uecker einen Günther Preusser, aus Joseph Beuys besagten Professor van Verten, ebenso sendungsbewußt und rheinländernd wie sein Vorbild.
Immerhin: die Nazis werden nicht umgetauft, DDR und BRD bleiben, was sie waren, richtiger, was sich der Autor dieses Werks darunter vorstellt. Und der möchte natürlich namentlich genannt sein, am liebsten wohl bei der nächsten OSCAR-Verleihung. Es scheint, als sei dieser gefallsüchtige epische Brocken zu keinem anderen Zweck entstanden.
[ Sylvia Görke ]