Originaltitel: NÅR DYRENE DRØMMER

DK 2014, 84 min
FSK 16
Verleih: Prokino

Genre: Erwachsenwerden, Drama, Horror

Darsteller: Sonia Suhl, Lars Mikkelsen, Sonja Richter, Jakob Oftebro

Regie: Jonas Alexander Arnby

Kinostart: 21.08.14

1 Bewertung

When Animals Dream

Das Tier in ihr: ein sinnliches Kunstwerk

Wie sich der Körper im Zuge des Erwachsenwerdens verändert, greifen nicht nur seichte Komödchen und sensible Dramen gern auf, es dient gleichermaßen oft als Metapher in Horrorfilmen. Wer erinnert sich beispielsweise nicht an den träumerisch-fiesen Beginn von de Palmas CARRIE? Wobei sich ja hier nun schon der Titel „träumerisch“ gibt, und fies wird’s sowieso.

Zunächst weist jedoch wenig darauf hin, eher wabert Traurigkeit. Finster schweben Wolken über einem kleinen Fischerdorf, farbentleert wirkt die Idylle, düster. Hier lebt Marie mit Vater und Mutter, Letztere an den Rollstuhl gefesselt, stumm, pflegebedürftig. Der Teenager neigt zur Schüchternheit, hat keine Freunde, schuftet in der örtlichen Fabrik. Nur Daniel nähert sich dem Mädchen an, dessen Familie ein offenes Geheimnis umgibt und sie zu Aussätzigen macht. Marie kennt es selbst nicht ...

Noch nicht, muß man sagen, denn im Laufe stets ästhetisch bebilderter Nacktheit sowie manchen Todesfalls wird die Heranwachsende begreifen, was in ihr schlummert, darauf wartet, einen Ausbruchskanal zu finden. Still und leise, fast heimlich, sogar den blutigen Szenen fehlt jede Lust an destruktiver Spekulation, so organisch wie nötig ordnet sich das Gemetzel dem Gesamtkunstwerk unter. Genau das ist jener Film nämlich: ein Werk der Kunst.

Wie nebenbei außerdem eine grausam schöne, erschreckend elegante Skizze über wahre Liebe ohne Bedingungen, jedoch gleichzeitig deren Hilflosigkeit. Ganz folgerichtig steht im Finale der Assoziationen an SO FINSTER DIE NACHT oder GINGER SNAPS weckenden, ergo beeindruckende Referenzen vorweisenden Inszenierung trotz eines herzblutigen letzten Satzes kein simples Happy End. Vielmehr bleibt voller Melancholie haften, daß Marie wohl das Schicksal der eigenen Mama teilt – sie konnte die alles versuchende Zuneigung ihres Mannes schließlich nicht retten.

Kein Wunder indes, wenn man diese willentlich abgeschottete, unverändert männlich dominierte Welt, in der psychische Grausamkeit regiert, einer näheren Prüfung unterzieht, dabei erkennt, wie sich der wahre Horror in den verbohrten Köpfen versteckt, die Zähne fletscht und auf Zerstörung lauert. Marie läßt all das bloß konsequent gepeinigt-brutale Realität werden. Selten waren Plautus und Hobbes sowohl im wörtlichen als auch übertragenen Sinne näher dran mit der These: „Der Mensch ist des Menschen Wolf.“

[ Frank Blessin ] Frank mag Trash, Grenzgängerisches und Filme, in denen gar nicht viel passiert, weil menschliche Befindlichkeiten Thema sind. Russ Meyer steht deshalb fast so hoch im Kurs wie Krzysztof Kieslowski. Frank kann außerdem GEFÄHRLICHE LIEBSCHAFTEN mitsprechen und wird IM GLASKÄFIG nie vergessen ...