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Whitney – Can I Be Me

Vom freien Fall einer Sängerin

Den Anfang macht das Ende. Das Ende Whitney Houstons, die am 11. Februar 2012 mit nur 48 Jahren starb. An einer Überdosis, laut Gerichtsmedizin. An gebrochenem Herzen, wie mit theatralischem Timbre eine Freundin Whitneys dagegenhält.

Nick Bloomfield ist ein Dokumentarfilmer, der sich schon mit Arbeiten wie KURT AND COURTNEY oder BIGGIE AND TUPAC tief und durchaus auch mal marktschreierisch in die Abgründe dessen stürzte, was man gemeinhin „Popbusineß“ nennt. Sein neuester Ausflug in selbiges widmet sich Whitney Houston – und hätte durchaus auch WHITNEY, ROBYN AND BOBBY heißen können.

Denn so abgedroschen das mit dem „gebrochenen Herzen“ auch klingen mag, gänzlich verkehrt ist es nicht. Und was wiederum diese Doku selbst angeht, findet die nach marktschreierischem Anfang, inklusive statistischer Superlativsuada (Preise, Millionenumsätze, Jahrhundertstimme) und obligater Krokodilstränen, überraschend und schnell zu einem Erzählton, der kritisch, aber ohne zu denunzieren die bittere Geschichte vom Aufstieg und Absturz eines großen Stars erzählt. Und von einer Frau, die sich irgendwann nichts mehr so sehr wünschte, als einfach nur sie selbst sein zu dürfen.

Wozu eben auch gehörte, eine Frau zu lieben. Im konkreten Fall die Freundin seit Schultagen und späterhin enge Assistentin und Vertraute Robyn Crawford, die Houston Halt gab noch in deren turbulentesten Karrierezeiten. Inwiefern dazu wiederum Mr. Dicke Hose Bobby Brown (nicht) in der Lage war, ist schon beinahe marginal. Die Aversionen, die er gegen Robyn hegte und unter anderen mit Whitneys Mutter teilte, einer Figur in diesem Drama, die mindestens ambivalent ist, sorgten entscheidend mit dafür, daß diese Geschichte so endete, wie sie wohl enden mußte. Der Tag, als Robyn aus Whitneys Leben verschwand (verbannt wurde), war der Tag, an dem der freie Fall der Sängerin nicht mehr aufzuhalten war.

Wie sehr ein Mensch zum Kommerz-Produkt deformiert werden und wie er dabei vor die Hunde gehen kann, zeigt sich am Beispiel Whitney Houstons geradezu exemplarisch. Die Drogen wie auch ein gebrochenes Herz schulden sich dabei allemal auch einer Welt, die ist, wie sie ist. Gierig, rassistisch, chauvinistisch, homophob. Das „Popbusineß“ bildet da keine Ausnahme. Im Gegenteil.

Originaltitel: WHITNEY – CAN I BE ME?

GB/USA 2017, 90 min
FSK 6
Verleih: Arsenal

Genre: Dokumentation, Biographie, Musik

Regie: Nick Broomfield, Rudi Dolezal

Kinostart: 08.06.17

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.