D 2014, 103 min
FSK 12
Verleih: Sony
Genre: Thriller
Darsteller: Tom Schilling, Elyas M’Barek, Wotan Wilke Möhring, Hannah Herzsprung, Trine Dyrholm, Antoine Monot, Jr., Stephan Kampwirth
Regie: Baran bo Odar
Kinostart: 25.09.14
Sie sind schon eine gerissene Bande, die Macher dieses nervösen, cleveren, hochspannenden Genrestücks. Gleich zu Beginn lassen sie ihren Hauptprotagonisten erschöpft räuspern, daß er sich wohl nie auf die Sache eingelassen hätte, wenn er das Ende der Reise geahnt hätte. Dabei ist dies nur der erste von vielen doppelten Böden, von zahlreichen Hasenhaken, die die Geschichte um den schmalen, blassen Hacker Benjamin bereithält und schlägt. Aufhänger ist ein reuiges Geständnis Benjamins in Gegenwart der geschaßten Europol-Mitarbeiterin Hanne Lindberg, hierbei erzählt Benjamin chronologisch, wie er überhaupt geschnappt wurde. Da war wohl doch einer cleverer, was besonders schmerzt, wollte der Mittzwanziger doch schon immer auf den Spuren eines Supermans wandeln. Und eigentlich tut er mit seinen Freunden Max, Stephan und Paul auch per se nix Schlechtes: Ihre Hackattacken richten sich gegen wahres Übel wie die verlogene Pharmaindustrie, das gierig feixende Finanzwesen oder – brüllkomisch inszeniert – gegen eine Zusammenkunft von Nazihohlbirnen. Damit macht man sich beim normalen Volk zwar beliebt, die große Anerkennung bleibt jedoch aus, denn ein gewisser Hackerkönig namens MRX bestimmt die Rangordnung. Es geht also um Respekt. Und mit derart bürgerlichem Wunsch in der Brust kann es für Clay, so nennt sich das Vierergespann nun, nur ein Ziel geben: das Datennetz des BND. Das klappt auch, doch jetzt ist die Kacke richtig am Dampfen ...
Baran bo Odar ist etwas Seltenes gelungen: ein deutsches Genrestück mit Massenappeal, ein hinterlistiger, dreckiger Cyberthriller, der sich teilweise wie Sci-Fi anfühlt, dabei ganz im Jetzt verortet ist, der amerikanischen Vorbildern nicht deppert nachlechzt und gerade deswegen international bestehen kann, und der einfach gut geschrieben ist. Und gefilmt – mit diesen bedrohlichen, nachtblauen Bildern. Gut besetzt ist er sowieso. Tom Schilling nutzt in WHO AM I die Chance, individuell und charismatisch zu bleiben, ohne die x-te Schablone eines stereotypen Nerds abzurufen, und dabei auf ganzer Linie als Leading Man eines feinen Stücks besten Mainstreamkinos zu überzeugen.
Das Tempo ist enorm, das drückt teils heftig auf die Brust, wohltuend ist dabei, daß sich in diesem Gewimmel aus Maulwürfen und Behördenbigotterie, aus Trojanern und Evil Twins die Macher nicht über ihr Publikum stellen und keine dieser gespreizten Ätsch-wir-sind-schlauer-als-ihr-High-Tech-Hampeleien abfeuern, sondern ihre Geschichte als durchaus intelligente und dabei höchst unterhaltsame Herausforderung verstehen. Und das muß man erst einmal so in einer derart stolperfreien Stringenz hinkriegen, wo doch auch gesellschaftskritische Töne angeschlagen werden. Der Mensch ist leider ziemlich dumm und naiv, wir alle gaukeln uns eine Sicherheit vor, die es eben nicht mehr geben kann in einem System, dessen Triebfedern schon lange kein humanistisches Ideal, sondern schnöde Gier und Dreistigkeit sind. Das ist in der Tat der Subtext eines klugen Unterhaltungsfilms, der darüber hinaus auf sämtlichen Fingerzeig verzichtet.
[ Michael Eckhardt ] Michael mag Filme, denen man das schlagende Herz seiner Macher auch ansieht. Daher sind unter den Filmemachern seine Favoriten Pedro Almodóvar, Xavier Dolan, François Ozon, Patrice Leconte, Luis Buñuel, John Waters, François Truffaut, Pier Paolo Pasolini, Ingmar Bergman. Er mag aber auch Woody Allen, Michael Haneke, Hans Christian Schmid, Larry Clark, Gus Van Sant, Andreas Dresen, Tim Burton und Claude Chabrol ...
Bei den Darstellern stehen ganz weit oben in Michaels Gunst: Romy Schneider, Julianne Moore, Penélope Cruz, Gerard Depardieu, Kate Winslet, Jean Gabin, Valeria Bruni-Tedeschi, Vincent Cassel, Margherita Buy, Catherine Deneuve, Isabelle Huppert ...
Eine große Leidenschaft hat Michael außerdem und ganz allgemein für den französischen Film.