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William S. Burroughs – A Man Within

Rausch, Aufrichtigkeit und Schmerzmittel

„Warum parodiere ich alles? Weder im Leben noch im Schreiben erreiche ich absolute Aufrichtigkeit.“ So William S. Burroughs (1914–1997) in einer Selbstreflexion, die verdammt aufrichtig klingt. Das Paradox, nämlich in aller Aufrichtigkeit von der eigenen (vermeintlichen?) Unaufrichtigkeit zu sprechen, reißt einen Wesenszug des Autors an, der es zu einer Gallionsfigur des amerikanischen literarischen Undergrounds brachte, zum neben Kerouac und Ginsberg charismatischsten Gesicht im Triptychon der Beat-Generation. Und mithin zu einem Erkunder des Exzessiven, zu einem Drogenrausch-Schamanen, der immer wieder vor Drogen warnte, einem Anarchisten im stilsicheren Konservativen-Outfit, einem Schwulen, der mit der Schwulen-Bewegung, die sich gern auf ihn berief, nichts zu tun haben wollte, einem von den Peace-Hippies verehrten Waffenfetischisten, der im Drogenrausch seine Frau erschoß. Man kann das fortsetzen, diesen in Widersprüche zerklüfteten Charakter in seinen Widersprüchlichkeiten zu umfassen.

Und es ist genau das, was Yony Leyser mit seinem Doku-Porträt WILLIAM S. BURROUGHS – A MAN WITHIN zu bewerkstelligen versucht. Hilfe dafür hat sich Leyser bei einschlägig bekannten Koryphäen der Pop- und Subkultur geholt. Vor seiner Kamera sitzen unter anderem Laurie Anderson, Iggy Pop, Jello Biafra und Patti Smith, Gus Van Sant und John Waters, David Cronenberg oder Peter Weller, der hier den Kommentar auf der Tonspur spricht, und der einst in Cronenbergs Burroughs-Verfilmung NAKED LUNCH die Hauptrolle spielte. Sie alle umkreisen diesen seltsamen, diesen sich gerade auch mit seiner Exaltiertheit geschickt verschließenden Mann mit einiger Zuneigung und Bewunderung. Und verraten dabei doch letztlich mehr über sich selbst als über Burroughs. Was ja nun generell kein neues Phänomen ist und auch kein Nachteil dieses Films, der vor allem dadurch gewinnt, in vielen alten Originalaufnahmen diesen Schriftsteller auferstehen und sprechen zu lassen.

Gerade dank dieser Selbstzeugnisse, wie kryptisch oder – nochmals – widersprüchlich diese auch jeweils sein mögen, zeichnet sich die Kontur eines Mannes, die in einem letzten, kurz vor dem Tod geschrieben Tagebucheintrag ihre Vollendung findet: „Liebe? Was ist das? Das natürlichste Schmerzmittel überhaupt“, schreibt Burroughs da. Und es gibt keinen Grund an der absoluten Aufrichtigkeit dieser seiner Erkenntnis zu zweifeln.

Originaltitel: WILLIAM S. BURROUGHS - A MAN WITHIN

USA 2010, 91 min
Verleih: Neue Visionen

Genre: Dokumentation, Biographie

Regie: Yony Leyser

Kinostart: 12.01.12

[ Steffen Georgi ] Steffen mag unangefochten seit frühen Kindertagen amerikanische (also echte) Western, das „reine“ Kino eines Anthony Mann, Howard Hawks und John Ford, dessen THE SEARCHERS nicht nur der schönste Western, sondern für ihn vielleicht der schönste Film überhaupt ist. Steffen meint: Die stete Euphorie, etwa bei Melville, Godard, Antonioni oder Cassavetes, Scorsese, Eastwood, Mallick oder Takeshi Kitano, Johnny To, Hou Hsia Hsien ... konnte die alten staubigen Männer nie wirklich aus dem Sattel hauen.